„Dieses Restaurant kocht und wirtschaftet nach den Grundsätzen des Slow Food.“. Schon häufig haben wir diesen oder einen ähnlichen Satz in Speisekarten gelesen oder den kleinen Aufkleber mit der Schnecke an der Tür eines Restaurants entdeckt. Ziemlich oft war das in Restaurants der Fall, die uns sehr gut gefallen haben. Restaurants in denen frische, saisonale und regionale Küche auf der Speisekarte steht. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind für uns ein wichtiges Thema. Abgesehen davon, sind diese drei Adjektive schon fast ein Garant für gutes Essen.

Nachdem ich es mir schon so oft vorgenommen habe, nach dem Restaurantbesuch nachzuschlagen, was es mit diesem ominösen Slow Food auf sich hat, ist es heute endlich so weit! Ich habe recherchiert und stelle euch im heutigen Artikel das Wichtigste zum Thema Slow Food zusammen.

was ist slow food
Was ist Slow Food

Vorspeisen in der Harzer Speisekammer Michael Woyke in Buntenbock

Was ist Slow Food?

Der Begriff Slow Food ist in erster Linie von der gleichnamigen 1986 in Italien gegründeten Organisation geprägt. Es ist wenig überraschend, dass Slow Food die gegensätzliche Ernährungsweise zum weitverbreiteten Fast Food bezeichnet. Statt schnell, ungesund und unreflektiert Nahrung aufzunehmen, geht es beim Slow Food um bewussten Genuss. Gute, regionale Lebensmittel, fein zubereitet und bedacht konsumiert.

Die Bewegung bemüht sich regionale Esskultur mit ihren typischen Zutaten und traditionellen Zubereitungsweisen zu erhalten. Weiterhin setzt sie sich dafür ein, das Interesse der Menschen dafür zu steigern, wo ihre Lebensmittel herkommen und unter welchen Umständen sie produziert werden. Es geht somit auch darum, aufzuzeigen, wie sich dieses Konsumverhalten auf die eigene Region, aber auch auf den Rest der Welt auswirkt.

Slow Food Agriturismo Italien

Panna Cotta in einem italienischen Agriturismo (Bauernhof mit Gastwirtschaft) im kleinen Örtchen Piloni

Was sind die Grundsätze der Slow Food Bewegung?

Laut dem Slow Food Deutschland e.V. sollen verwendete Lebensmittel folgende Kriterien erfüllen: Sie sollen gut, sauber und fair sein. Dies wird wie folgt erklärt:

„GUT: frische, wohlschmeckende und saisonale Lebensmittel, welche die Sinne anregen und befriedigen und dabei Teil der lokalen Esskultur sind.
SAUBER: Lebensmittelherstellung und Verbrauch ohne die Umwelt zu belasten und ohne Schaden an Mensch, Natur oder Tier zu verursachen.
FAIR: erschwingliche Preise für Verbraucher und faire Bedingungen und Bezahlung für die Produzenten“
Quelle: Slow Food Deutschland

Wenn diese Kriterien erfüllt werden, hat das einige Nebenwirkungen: Regionale Produzenten und deren Produktionsweisen werden indirekt unterstützt. Das stärkt die Wirtschaft in der Region und sorgt damit z.B. auch für die Sicherung von Arbeitsplätzen. Weiterhin werden Massentierhaltung und Gentechnik vermieden. So werden ökologisch korrekte Vorgehensweisen unterstützt und ein Beitrag zum Umweltschutz geleistet.

Tomatensuppe allespasstda Erfurt

Tomatensuppe im Allespasstda in Erfurt

Was möchte die Slow Food Bewegung erreichen?

Sie möchte…

…eine Gegenbewegung zu uniformen und globalisiertem Fastfood darstellen und Machtsteigerung von multinationalen Lebensmittelkonzernen verhindern.

…heimische Lebensmittel und Zubereitungsweisen bzw. die biologischen und kulturelle Vielfalt im Lebensmittelbereich erhalten und dabei handwerkliche und umweltfreundliche Lebensmittelerzeugung fördern.

…das Bewusstsein für die Auswirkungen den eigenen Konsums schärfen.

…regionale Wirtschaftskreisläufe stärken und Menschen an ihre Region binden.

…das Wohlergehen für Mensch und Umwelt steigern.

…die Geschmacks- und Lebensmittelbildung erhöhen.

…direkten Kontakt zwischen Produzenten, Verbrauchern, Händlern, Köchen und anderen Akteuren in der Lebensmittelwelt unterstützen und eine Plattform für den Austausch bieten.

…Aufmerksamkeit auf Themen des Lebensmittelsystems richten.

Slow Food Restaurant Harz

Gebackene Klöße und Wirsinggemüse in der Harzer Speisekammer Michael Woyke

Wie ist die Slow Food Bewegung organisiert?

Die Slow Food Bewegung wurde ursprünglich in Italien, genauer gesagt, in Piemont gegründet. Mittlerweile ist der Verein allerdings in 160 Ländern aktiv. Die über 100 000 Mitglieder organisieren sich vor Ort in sogenannten Convivien und organisieren dort Veranstaltungen und engagieren sich in der Lebensmittelbranche vor Ort. In Thüringen ist das beispielsweise das Convivium Weimar-Thüringen.

Die Akteure der Slow Food Bewegung sind auch auf Messen wie der Grünen Woche in Berlin oder dem Markt des guten Geschmacks, der eigenen Slow Food Messe, in Stuttgart aktiv.

Wichtig für die Bewegung sind auch von ihr gegründete Initiativen, wie die Arche des Geschmacks, ein internationales Projekt zur Bewahrung regionaler Nahrungsspezialitäten sowie Projekte zur Erhaltung regionaler Obst-, Gemüse-, Getreidesorten- und Nutztiervielfalt. Weiterhin ist aus der Bewegung die Gründung einer eigenen Universität hervorgegangen, der University of Gastronomic Sciences of Pollenzo. Dort kann man solche hervorragenden Dinge wie einen Master in Wine Culture, Communication & Management absolvieren. Ein Studium, bei dem Verkostungen auf dem Lehrplan stehen.

Slow Food Frühstück Leipzig

Frühstücksangebot mit regionalem Käse im Mala in Leipzig

Und wie komme ich als Gourmet an Slow Food?

Du fragst dich, was du jetzt tun kannst, weil dir der Slow Food Gedanke gefällt? Mir geht es genauso und deswegen habe ich hier einige Möglichkeiten zusammengestellt, wie du an dem Thema dranbleiben kannst.

  1. Falls du jetzt vollkommen begeistert vom Slow Food Gedanken bist, dann kannst du natürlich in das Convivium in deiner Nähe eintreten. Dafür musst du nicht in der Lebensmittel- oder Gastronomiebranche tätig sein. Du wirst dann zu den Veranstaltungen deines Ortsverbandes eingeladen und kannst natürlich auch selbst aktiv werden und deine eigenen Ideen beisteuern. Weiterhin erhältst du jährlich den Slow Food Almanach, in dem die internationalen Projekte vorgestellt werden.
    Infos und den Mitgliedsantrag findest du hier: https://www.slowfood.de/mitgliedwerden/

Wenn dir das doch einen Schritt zu weit geht, dann gibt es folgende Möglichkeiten, dich weiter zu informieren:

2. Der Slow Food Genussführer: Neben Hintergrundinformationen und dem ABC der regionalen Spezialitäten, findest du im Genussführer Restaurantempfehlungen in ganz Deutschland. Die Ausgabe für 2019/2020 ist erst im November erschienen.
Entweder du unterstützt deinen lokalen Buchhändler des Vertrauens oder du bestellst direkt beim Verlag:
https://bit.ly/2A3hVyP

3. Das Slow Food Magazin: Sechs Mal im Jahr erscheint das Slow Food Magazin. Dort findest du Artikel rund um Zutaten, Zubereitungsweisen und Akteure des Slow Food sowie natürlich Restauranttipps.
Auch das Magazin findest du im ganz normalen Zeitschriftenhandel oder direkt beim Verlag: https://bit.ly/2US4H0x

4. Spenden: Wenn dir die Projekte des Slow Food Vereins, wie z.B. der Aufbau von nachhaltigen Gemüsegärten in Afrika, gefallen, kannst du diese natürlich auch durch Spenden unterstützen.

5. Slow Food essen: Die wohl schönste Variante den Gedanken zu unterstützen, ist ihn zu leben. Geh doch mal auf den Wochenmarkt und kaufe bei den Anbietern aus deiner Region ein. Welche Obst- oder Gemüsesorten kannst du hier (wieder-)entdecken, die typisch für deine Heimat sind?
Vielleicht fragst du auch deine Oma nach Rezepten für Gerichte, die sie in ihrer Kindheit gern gegessen hat und kochst diese nach. Oder du schaust in den Genussführer und besuchst ein Slow Food Restaurant in deiner Nähe.

In Thüringen wären das zum Beispiel das Allespasstda in Erfurt, das Venerius in Eckolstädt oder das Restaurant Tanya Harding in Arnstadt.

Definition Slow Food

Salat in der Harzer Speisekammer Michael Woyke in Buntenbock

Fazit:

Dank dieses Artikels treibe ich mich mit dem Gedanken herum, einen zweiten Masterabschluss zu erwerben und ein Jahr an der Slow Food Uni in Piemont zu verbringen. Das werde ich vermutlich nicht tun, aber vielleicht trete ich einfach in das Convivium vor Ort ein und schaue wie das so läuft.

Die Grundsätze des Slow Food finde ich super spannend, denn sie passen sehr gut zu vielen meiner eigenen Werte. Ich versuche nachhaltig zu leben, regional und saisonal einzukaufen und durch meine Konsumentscheidungen meinen ökologischen Fußabdruck etwas zu verkleinern. Ich liebe es zu reisen und was ich daran am tollsten finde, ist es, vor Ort regionale Köstlichkeiten kennenzulernen und meinen kulinarischen Horizont zu erweitern. Das funktioniert nicht, wenn überall das Gleiche auf dem Teller landet. Ich finde es daher wichtig, lokale Esskultur zu schützen.

Ich bin gerade ziemlich froh, mich endlich mal mit diesem Thema auseinandergesetzt zu haben und freue mich, wenn es für dich auch so interessant war, wie für mich.

Was hältst du vom Slow Food-Gedanken? Ist das was für dich?