Wahrscheinlich ist das Restaurantkonzept „Hier finden sie regionale Klassiker, aber neu interpretiert“ eigentlich immer eine gute Idee. Mich jedenfalls zieht das an. Auf Reisen will ich schließlich die Kulinarik des jeweiligen Landes möglichst gut kennenlernen. Dafür lautet meine Strategie: Supermarkt, Streetfood, Klassiker und wenn möglich, lokales Fine Dining. Dieser Plan ist in Budapest durch eine Verkettung mehrerer Umstände hervorragend aufgegangen. Von einem pizzagroßen Lagos auf der Parkbank, konnten wir fast ohne Zwischenhalt auf den weichen Sitzbänken des Stand platznehmen und einen fancy Mini-Langos als Amuse genießen.
als Blatt geformter Chip im Stand Budapest

So sehen Chips wahrscheinlich bei den Elben aus.

Menü im Stand Budapest

Alles ist so hübsch!

Das Stand ist aktuell mit zwei Michelin Sternen das höchstdekorierte Restaurant in Budapest. Szabina Szulló und Tamás Széll bieten in ihrem modern gestalteten Lokal ausschließlich Menüs mit acht Gängen zum Abendessen an. Es gibt die Wahl entweder omnivor (Chefs Menü) oder vegetarisch zu essen. Mir fällt positiv auf, dass auch das omnivore Menü nur in wenigen Gängen Fleisch enthält.

Bevor diese Wahl getroffen werden muss, gibt es jedoch ein kleines Feuerwerk an Grüßen aus der Küche. Die Küche befindet sich übrigens halb sichtbar hinter großen Weinregalen mitten im Restaurant. Man kann die Köchinnen und Köche bei ihrer Arbeit beobachten, hat aber dennoch viel Privatsphäre an den Tischen.

Mini Langos im Stand

Ein kleiner Mini-Lángos darf nicht fehlen!

Essen gehen in Budapest

Butter mit pürierten Sonnenblumenkernen. So cremig!

Die kleinen Häppchen schaffen es sofort uns in diesen halb-extatischen Zustand der Begeisterung zu versetzen, der den Beginn eines hervorragenden Restaurantbesuchs auszeichnet. Hier mischt sich Verwunderung mit Begeisterung und produziert eine Woge von Neugier, die nur durch den Verzehr der nächsten Gänge gestillt werden kann. Auf so viel Vorfreude stoßen wir mit einem Glas ungarischem Winzersekt aus dem Hause Kreinbacher an. Der erste Gang besteht aus einer kalten Tomaten-Consommé in der kleine Stücke getrockneter Tomate schwimmen. Das schmeckt so sehr nach Sommer! Weiter geht es mit einer glitzernden Blume aus gelber Bete, die durch die Kombination mit einer Buttermilch-Soße geschickt mit Süße, Säure und der leichten Schärfe von Meerrettich spielt.
Brotauswahl im Stand Restaurant

Statt Blumen.

Stand Restaurant Budapest zwei Michelin Sterne

Hell, modern und doch gemütlich. Ich fühl mich wohl!

Mehr in Richtung Soulfood geht es bei dem süß-cremigen Gericht auf Basis von Mais, das darauf folgt. Ebenso wie die konfierte Kartoffel, die mit falschem Trüffel und falschem Kaviar (beides auf Pilzbasis) mit einer sämigen Buttersoße übergossen wird, fühlt sich dieser Teller an wie eine warme wohlige Umarmung. Im Stand wird mit Soße und Geschmack nicht gespart. Die Teller wirken großzügig und obwohl sie oft kleinteilig konzipiert sind, immer wie eine Einheit.

Gelbe Bete mit Gold

Nenn mich kitschig, aber es ist schon schön, dass meine gelbe Bete glitzert!

Fake Trüffel im Stand Budapest

Der Fake-Trüffel ist einfach köstlich!

Bevor Flo sich der berühmten Gulaschsuppe widmet, trennen sich unsere Wege zum ersten Mal. Für Flo gibt es eine zart zerfallende Rolle vom Sterlet (gehört zu den Stören) und Kaisergranat in herrlicher Muschelsoße mit Dill und für mich drei göttliche Ravioli mit Pilzragout. Die Gulaschsuppe ist dann hervorragend: eine pfeffrige paprikalastige Brühe, zerfallende Rindfleischwürfel und vollendeter Genuss dabei, auch die letzten Reste mit dem fluffigen Sauerteigbrot vom Teller zu wischen.

Die beste Gulaschsuppe in Budapest

Diese Farbe!!!

Auf ebenso hohem Niveau geht es mit herrlich zartem Wild weiter oder, wie in meinem Fall mit Wirsing, der mit fermentiertem Gemüse gefüllt und mit einer zarten Joghurtsoße serviert wird.
Chefs Menu im Stand Budapest

Das Fleisch ist unfassbar zart, aber dennoch fest.

Stand Budapest

In diesem Teller möchte ich baden und nie wieder aufstehen.

Ja und auch die Desserts sind himmlisch. Zuerst eine süße Erdbeergranita, die perfekt die eher schwere weiße Schokoladencreme ausgleicht und dann einen glitzernden Apfel aus Joghurtschaum, der unter anderem mit Maracuja gefüllt ist. Mir gefällt, dass dieses Gericht nicht nur spektakulär anzusehen ist, sondern ebenso schmeckt.
Fine Dining Budapest

Wunderschöner Wirsing.

Der Abend endet mit Petit Four, die sich in diese Abfolge hervorragender Gerichte nahtlos einfügt. Dieses Menü hatte keine Durchhänger, es war von vorn bis hinten auf extrem hohem Niveau. Wunderbar neu, kreativ, köstlich, schön.
Vegetarisches Menü im Stand Budapest

Den hätte Schneewittchen auch gegessen.

Wir genießen noch einen fast honiggleichen Tokaja (der sich ebenfalls in eine Reihe toller ungarischer Weine einreiht), beobachten die letzten Arbeiten in der Küche und treten dann in eine warme Sommernacht in Budapest hinaus. Das Stand, das war schon ziemlich nah dran an der Perfektion.
Petit Four im Stand Budapest

Was für ein toller Abend!

  • Gaumenwertung 9/10
  • Gesamterlebnis 8,7/10
„Sensationell, wir wollen nicht aufhören zu essen!“

DETAILIERTE BEWERTUNG

Mira
Flo
Mira&Flo
Gaumen 9,0/10 Gaumen 9,0/10 Gaumen 9,0/10
Getränke Getränke 9,0/10 Getränke 8,5/10
Atmosphäre 8,0/10 Atmosphäre 7,0/10 Atmosphäre 7,5/10
Service 8,0/10 Service 8,0/10 Service 8,0/10
Gesamterlebnis 8,7/10 Gesamterlebnis 8,7/10 Gesamterlebnis 8,7/10