Dieser Text ist zuerst in meiner Kolumne „Mhh… mit Mira: Foodstorys aus Thüringen“ im Takt.Magazin erschienen. Die Kolumne erscheint monatlich und beleuchtet spannende Restaurants, Cafés oder Produzent*innen aus Thüringen.

Es gibt nicht viel Appetitanregenderes als beim Lesen der Speisekarte den Genussgeräuschen der anderen Gäste zu lauschen. An unserem Nachbartisch im kleinen, holzvertäfelten Gastraum des Klausenhofs geschieht offenbar etwas Spektakuläres: Eine Quittentarte wird verspeist. Wir hören „Mhhhh“, „Ohhh, ist das lecker!“ und „Diese Soooooooße!“. Die begeisterten Ausrufe klingen nicht ab, spekulieren über Zubereitung, loben die Konsistenz, freuen sich über die liebevoll platzierten Frucht-Gel-Plöpse. Dann irgendwann Stille – die von der zufriedenen Art. Das klingt nach „Jetzt nur noch beglückt ins Bett fallen und sich freuen, wie gut man es hat“.
Altes Fachwerkhaus im Eichsfeld

Seit vielen Jahrzehnten werden im Klausenhof schon Gäste bewirtet.

Uns läuft währenddessen das Wasser im Mund zusammen: Wir haben das noch vor uns! Die Speisekarte klingt verlockend. Viele vegetarische Gerichte, Wild aus den umliegenden Wäldern, Rindfleisch aus dem Nachbardorf, zu dieser Jahreszeit natürlich Spargel. Dazu eine überraschend große (und gute) Weinauswahl und mehrere selbstangesetzte Schnäpse.
Tisch und Stühle aus Holz im Klausenhof

Hier wundert es niemanden, dass ab und an ein Jäger zur Tür reinkommt.

Ein rotes Sofa vor einer vertäfelten Wand

Im Klausenhof kommen Fäviken-Vibes auf.

Im Klausenhof wird viel selbstgemacht. Eigenes Gemüse wächst in den Hochbeeten und auf einem kleinen Acker vor dem Haus, Quitten werden zu Mus verarbeitet, Wild wird eigens zerteilt, Pilze gesammelt, Wurst und Schinken selbst hergestellt. Die anderen Zutaten kommen zu einem großen Teil aus der unmittelbaren Umgebung. Auch das Birnenchutney, das uns jetzt auf den Tisch gestellt wird, ist selbstgemacht. „Kleiner Tipp von mir: schmieren sie erst etwas vom Tomatendip auf das Brot und dann noch Chutney obendrauf. Zusammen schmeckt das am allerbesten“. Das Leuchten in den Augen der Kellnerin duldet keinen Widerstand und warum auch? Es ist köstlich.
Essen im Klausenhof

Wie eine echte Weinkennerin rieche ich hier an meinem fruchtigen Aperitif.

Danach geht es weiter mit einer Nocke Ziegenfrischkäse in lauwarmer Brühe. Dazu gibt es eingelegte Rübchen und Zwiebeln. Diese wunderhübsch angerichtete Vorspeise verliert zwar an Schönheit als sich Käse und Brühe langsam vermischen, doch der Geschmack wird dadurch nur noch besser.
Spargelveloute

Morcheln!

Ähnlich fantastisch ist auch die cremige Spargel-Velouté. Mir gefällt allein schon, dass hier unterschiedlich groß geschnittene Spargelstücke in der dickflüssigen Suppe schwimmen, denn das macht das Esserlebnis abwechslungsreicher. Eigentlich komisch, dass eine Zutat so anders schmeckt, nur weil sie anders geschnitten wurde, oder? Weiterhin sind ein frisches Petersilien-Öl und Morcheln Teil des Gerichts. Ich habe diese Pilze erst vor kurzem bei Alain Passard in Paris gegessen und festgestellt, dass ich diese Konsistenz der blättrigen Pilzköpfe richtig toll finde. Tja und ich muss sagen, Bornhagen ist nicht ganz Paris, aber fast. Die Morcheln schmecken fantastisch.
rindfleisch

Slow Food und Soul Food aus dem Nachbardorf.

Während wir auf unsere Hauptgänge warten, quatschen wir mit Kellnerin Mandy. Sie berichtet uns von den begeisterten Amerikanern, die vor einer Woche zum Ritteressen in den Klausenhof gekommen sind. Die Möglichkeit ein mittelalterliches Festmahl in den liebevoll restaurierten Räumen zu sich zu nehmen, gehört ebenfalls zum Konzept. So wird die Geschichte des 500 Jahre alten Hauses am Leben erhalten. Auch 3 Doppelzimmer und einige „Kemenaten“ mit Doppelstockbetten und Schlafnischen gehören dazu. Überall knarrt das alte Holz und es gibt hinter jeder Ecke etwas zu entdecken: Geheimtüren oder hübsche Antiquitäten.

Ich bestelle fast nie Geflügel, weil es fast nie so gut schmeckt, wie hier.

Wir schmecken diese Qualitätsansprüche sowohl beim saftigen Huhn (Freilandhaltung aus der Prignitz) und dem fast von selbst zerfallenden Rinderscherzel (aus dem Nachbardorf). Das Fleisch ist hervorragend zubereitet, die Soßen kräftig köstlich und das Gemüse geschmackvoll. Die buttrige Polenta, die mit selbstgemachter Hollandaise zum Rindfleisch gereicht wird, gehört wohl zu den besten, die wir bisher gegessen haben. Grebenstein, der unter anderen bei Klaus Erfort in Saarbrücken gearbeitet hat, kocht auf einem Niveau, das in Thüringen nur ganz selten zu finden ist. Dann ist es Zeit für die Quittentarte. Sie ist so gut wie unser Nachbartisch es hat vermuten lassen. Wir fallen in unser knarzendes Holzbett im Goethezimmer im ersten Obergeschoss und denken: „Hach, was haben wir es gut.“
Quittentarte

the bespoke Quittentarte

PS.

Da ich hier ein bisschen mehr Platz habe, als in der Zeitung, möchte ich noch ein kleines Loblied für das Frühstück im Klausenhof hinzufügen. Hier kann man auf ofenwarmen Brötchen die selbstgemachte Wurst probieren. Dazu gibt es eigens eingekochte Marmelade, Gemüse aus dem Garten und eine schöne (nicht so regionale) Käseauswahl. Das ist alles sehr fein und rüstet uns und andere fröhliche Wandersleute perfekt für einen Tag in der bezaubernden Umgebung des Klausenhofs.
Vielleicht liegt es am perfekten Wetter oder an meiner guten Laune, aber hier ist es sogar für Thüringer Verhältnisse ganz besonders schön.

Also: Eine Übernachtung in den urigen Zimmern mit einzukalkulieren lohnt sich nicht nur, damit man die Weinkarte ganz besonders gründlich studieren kann.

Gutes Frühstück = Happy Mira

Infos in Kürze:

Der Klausenhof Bornhagen hat Donnerstag von  17 – 21.30 Uhr, Fr & Sa on 12 – 22 Uhr und So 12 – 20.30 Uhr geöffnet. Er verfügt über ganz unterschiedliche Zimmerkategorien, die alle unterschiedlich eingerichtet sind. Mehr Infos gibts auf www.klausenhof.de