Perspektiven können sich schnell ändern. Während ich vor einigen Wochen noch einen schweren Klumpen im Bauch gespürt hätte, wenn ich die Plakate für den „AFD-Bürgerbus“ in den kleinen Dörfern im Thüringer Wald gesehen hätte, kommt mir das im Angesicht der weltpolitischen Lage der letzten Tage fast harmlos vor. Aber so sehr ich mich bemüht habe, an diesem langen Wochenende einfach den Moment zu leben, so möchte ich mich auch in diesem Artikel auf das Positive konzentrieren. Ein kleiner Life-Hack von mir: Im Wald ist das gar nicht so schwer. Wo unter Schneelast gebogene Tannenzweige in der Sonne glitzern, Bäche munter über Steine gluckern und beeindruckende Bauwerke (oder ihre Ruinen) davon zeugen, dass sowieso alles irgendwann vorüber geht.
Wanderung zum Viadukt Neuhaus am Rennweg

Immer wieder cool, was für spektakuläre Orte es in Thüringen gibt, von denen wir noch nie gehört haben.

Wir haben viel Zeit im Wald verbracht, denn die traumhafte Natur ist definitiv das stärkste Argument für einen Ausflug in den Thüringer Wald. Aber klar, der bekennende Genussmensch sucht auch noch nach anderen Freuden am Wegesrand. Ein paar haben wir gefunden und von diesen möchte ich euch heute erzählen.

Boutiquehotel Schieferhof, Neuhaus am Rennweg

Zimmer im Schieferhof Neuhaus am Rennweg

Der kleine Erker ist mein Lieblingsplatz.

Restaurant im Schieferhof Neuhaus am Rennweg

Mustertapeten sind im Schieferhof sehr beliebt.

Das kleine Hotel mit 38 Zimmern ist gleichzeitig Basis und Grund unserer Reise. Denn wir haben letztes Jahr eine Übernachtung bei der Blogparade von Thüringen Entdecken gewonnen (Danke für eure Stimmen!!) – darüber haben wir uns sehr gefreut, denn vor allem die Hotelküche wollten wir schon länger ausprobieren, um herauszufinden, ob sie mit ihrer regionalen Ausrichtung Material für den Slow Food Genussführer darstellt. Weil wir Lust hatten, haben wir unseren Aufenthalt auf eigene Kosten auf drei Nächte verlängert. Unser süßes Zimmer mit Erker gefällt mir jedenfalls direkt und ist der perfekte Ort um am Donnerstag nach einer Wanderung rund um die Oberweißbacher Bergbahn zu entspannen.
Restaurant im Thüringer Wald

Nougatküchlein mit Walnusseis, Zimtpflaumen und Vanille-Cointreau-Schaum.

Jetzt aber zum Essen: Das Restaurant im Schieferhof ist von Dienstag bis Samstag (je ab 17 Uhr) auch für externe Gäste geöffnet. Jeden Tag steht ein neues 3-Gänge-Menü mit mehreren Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung. An den zwei Tagen unseres Aufenthaltes gab es bei Vorspeise und Hauptgang jeweils die Wahl zwischen einem Fisch- oder Fleischgericht und ein Dessert. Auf Nachfrage war es auch möglich vegetarische Speisen zu enthalten. Entgegen unserer Befürchtungen, waren diese vegetarischen Alternativen vollwertige Gerichte und nicht einfach nur die Beilagen ohne tierische Komponente. Insgesamt haben wir uns über die professionelle Flexibilität des Personals gefreut (z.B. als es um ein alternatives Dessert ohne Marzipan ging).
Rindfleisch aus Oberweißbach

Surf & Turf ohne Surf, aber dafür mit gigantischen Mengen Turf.

Die Gerichte im Schieferhof sind eher traditionell geprägt, sie sind sehr gut zubereitet und sehr schmackhaft. Nach Thüringer-Wald-Maßstäben sind die verwendeten Zutaten und Kombinationen sicherlich eher in Richtung „speziell“ und „besonders“ einzuordnen. Teilweise war auch zu erkennen, dass auf Regionalität gesetzt wird. Beispielsweise gab es Rindfleisch aus dem nur 10 km entfernten Oberweißbach. Es stand aber auch Meeresfisch und Garnele auf der Karte. Schön fanden wir die riesige Auswahl an Weinen aus Saale-Unstrut. Da war gefühlt wirklich jedes zweite Weingut der Region vertreten. Auch die Verwendung von regionalem Geschirr und Glas hat uns sehr gefallen, aber dazu gleich mehr.
Essen gehen am Rennsteig

Schönes „schlotziges“ Risotto mit knackigen Karotten und Zuckerschoten.

Wir haben unsere zwei Abendessen im Restaurant sehr genossen. Das Einzige, was wir so richtig zu bemängeln haben, sind die Portionsgrößen: die sind nämlich so groß, dass einem nach drei Gängen nicht besonders gut geht. Ich weiß, dass auch das ein Thüringer Phänomen ist, aber für mich ist es immer schade.

Glasbläserei-Kultur in Lauscha

Glaszentrum in Lauscha

Hier wird ein Osterei nach dem nächsten hergestellt.

Was uns neben mehreren Wanderungen rund um Neuhaus besonders gefallen hat, war unsere Entdeckungsreise in den kleinen Ort Lauscha. Die Geschichte der Glasbläserei in Lauscha begann bereits 1597 und findet im 19. Jahrhundert bei der Erfindung des Christbaumschmucks sowie bei der Herstellung menschlicher Glasaugen ihre Highlights. Noch heute ist das beeindruckende Handwerk in Lauscha allgegenwärtig – sowohl in den zwei großen Glaswerken als auch bei zahlreichen Kunsthandwerker:innen die traditionell in zu Hause arbeiten.
Glasbläser in Lauscha

Die aufgeregte Amateurin.

Michael Haberland Glaskunst in Lauscha

Der tiefenentspannte Profi.

Wir haben sowohl das große Glaszentrum in Lauscha, das von Trinkgläsern über Dekoration eine riesige Vielfalt herstellt, als auch einen Kunsthandwerker besucht, der auf Christbaumschmuck spezialisiert ist. Beim Kunsthandwerker Michael Haberland konnten wir allerlei Fragen loswerden und durften sogar selbst versuchen eine Glaskugel zu blasen. Es war sehr spannend zu sehen, wie er aus schmalen Glasrohlingen mithilfe der alten Formen seines Urgroßvaters, verschiedensten Weihnachtsschmuck aus Glas herstellt, den er dann versilbert und per Hand bemalt.
Soljanka zum Mittagessen in Lauscha

Selten so eine gute Soljanka gegessen wie im Glaszentrum.

Im Glaszentrum sind die Maßstäbe andere. Hier werden im Moment täglich ca. 500 Ostereier geblasen – alle per Hand und teilweise später per Hand bemalt . Auch das typische Thüringer Waldglas als Trinkgefäß gibt es hier in zahlreichen Formen. Für uns war der Einblick total spannend und wir können den Ausflug empfehlen. Für uns etwas überraschend positiv waren auch unsere kulinarischen Erlebnisse im Glaszentrum und in der Farbglashütte. Denn in beiden Restaurants haben wir sehr traditionelle und sehr leckere Suppen (Soljanka und Wildsuppe) gegessen. Also nur Mut dabei, hier die deftige Thüringer Küche auszuprobieren.

Kaffeepause in Masserberg

Schönes Café in Masserberg

Das Café Daheim ist nicht der beste Ort für schlammige Wanderschuhe.

torte in masserberg essen

Aber genau der richtige Ort um verbrannte Kalorien wieder aufzufüllen.

Ich gehe unheimlich gern wandern und ich liebe es für die Pausen irgendwo einzukehren. Egal ob in spannende Restaurants, urige Traditionshäuser oder niedliche Cafés. Im südlichen Teil des Thüringer Waldes ist das leider teilweise gar nicht so einfach. Hier und da ist es praktischer sich ein Picknick einzupacken, denn teilweise gibt es gar kein Angebot, kein ansprechendes Angebot oder sehr begrenzte Öffnungszeiten. Trotzdem (oder gerade deswegen) möchte ich euch ein Café kurz vorstellen, weil es mir wirklich gut gefallen hat: das Hotel & Café Daheim in Masserberg.

Gelegen in einem zauberhaften Schieferhaus verspricht schon die Schrift an der Fassade die „schönste Fernsicht“. Da ist etwas dran! Aus den gemütlichen Ohrensesseln am Fenster hat man tatsächlich einen tollen Blick auf die Berge. In schicker Kaffeehaus-Atmosphäre kann man hier gewaltige Sahnetorten und typisch thüringischen Blechkuchen aus hauseigener Konditorei genießen.

Cafe und Hotel Daheim in Masserberg

Die schönste Fernsicht in Masserberg.

Hach, kaum zurück zu Hause könnte ich mich direkt wieder auf den Weg in den Wald machen. Habt ihr Wünsche welche Region wir als nächstes erkunden sollen?

Ein besonderes Restaurant-Highlight in Südthüringen haben wir zusätzlich in Saalfeld aufgetan und vor lauter Begeisterung einen eigenen Artikel geschrieben: Restaurant Zur güldenen Gans.

Infos in Kürze:

Adressen:

Boutiquehotel Schieferhof, Eisfelder Straße 26, 98724 Neuhaus am Rennweg / Rennsteig, https://www.schieferhof.de/

Glaszentrum Lauscha, Str. des Friedens 22, 98724 Lauscha, https://www.glaszentrum-lauscha.de/restaurant-cafe/

Michael Haberland Glaskunst, Kreuzstraße 18, 98724 Lauscha, https://www.haberland-baumschmuck.de/

Hotel & Cafe Daheim, Kurhausstraße 10, 98666 Masserberg, https://www.cafe-hotel-daheim.de/

ACHTUNG WERBUNG: oder sowas ähnliches. Wir haben eine Übernachtung mit Halbpension im Schieferhof + Besuch der Glasbläser bei der Blogparade von Thüringen Entdecken gewonnen. Mit diesem Artikel haben wir dort den zweiten Platz belegt: Augustinerkloster Erfurt Die weiteren Übernachtungen und Restaurantbesuche haben wir selbst organisiert und bezahlt.