In den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 waren die Restaurants geschlossen. Niemals hätte ich beim Schreiben des letzten Jahresrückblickes gedacht, dass das möglich ist. Obwohl der Lockdown aktuell wieder im Raum steht, fühlt sich der Rückblick auf die erste Hälfte des Jahres schon jetzt seltsam an. Entweder liegt das daran, dass in dieser Zeit so wenig passiert ist oder daran, dass die Sommermonate ganz gegensätzlich vollgestopft mit Aktivität waren und dieses Gefühl noch vieles überlagert.

Ob Zuhause oder unterwegs, der Genuss war auch dieses Jahr unser Begleiter oder vielleicht sogar ein Lehrmeister, der uns immer wieder daran erinnert hat, wie wichtig es ist, das Hier und Jetzt wertzuschätzen und das Beste aus der Situation zu machen.

Es war wieder eine Freude die schönsten 10 Genussmomente des Jahres auszusuchen, die hier chronologisch aufgelistet sind:

1. Die Zimtschnecke im Forsthaus Willrode

beste Zimtschnecke in Erfurt

Sieht unscheinbarer aus als sie schmeckt. Das Brot (gefüllt mit ganzen Feigen) war übrigens auch nicht schlecht.

Was ist das liebste Hobby im Lockdown? Na klar: Spazieren gehen! Ich möchte zwar behaupten, dass spazieren schon viel länger zu meinem Alltag gehört, doch im Lockdown hat es zugegebenermaßen neue Ausmaße angenommen. Gibt es in Erfurt Wege, die wir nicht gegangen sind? Gibt es Cafés bei denen wir uns keinen Kaffee oder Kuchen zum Mitnehmen geholt haben? Ich bin mir nicht sicher.

Ein Erlebnis ist mir deutlich in Erinnerung geblieben:

An einem kalten Wintertag wanderten wir durch den Steigerwald. Unser Ziel: Das Forsthaus Willrode. Ich hatte auf Instagram gelesen, dass es hier frische Süßkartoffel-Sauerteig-Zimtschnecken aus dem Steinofen geben sollte. Ich sehe noch vor mir, wie Flo und ich im Wald stehen, die Sonne glitzert durch die Zweige und wir können gar nicht fassen wie warm, weich, knusprig, süß und lecker diese Zimtschnecke ist.

2. Kulinarische Freuden im Lockdown

Lieferessen schön anrichten

Mit dem Il Cortile fühlten wir uns zu Hause fast wie im Restaurant.

Il Cortile Erfurt

Lecker wars!

Irgendwann musste es gar nicht mehr abgesprochen werden. Freitagabend ist Freundeabend. Mit bestelltem Essen versammelten wir uns vor dem Laptop, aßen zusammen, redeten und spielten viele Runden Gartic Phone. So hat der Lockdown uns nicht etwa von unseren Freunden entfernt, sondern noch mehr zusammengeschweißt.

Natürlich wollten wir so auch die lokalen Restaurants unterstützen, die wir sehr vermisst haben. Besonders in Erinnerung ist mir ein Menü vom Il Cortile, das trotz Pappschachtel so schön angerichtet war. In diesem Moment ist mir bewusst geworden, wie schön die Erfahrung von Gastlichkeit im Restaurant ist. Auch sonst haben wir uns im Lockdown kulinarisch oft gegönnt. Käse vom liebsten französischen Restaurant, ein Kaviartasting, verschiedene Online-Verkostungen und ein fast gänzlich „durchgekochtes“ Flavour-Kochbuch von Yotam Ottolenghi. Es war nicht alles schlecht.

3. Die Slow Food Youth Akademie

slow food youth akademie erfahrung

Sie sehen: Den geheimen Gruß der Slow Foodies.

„Da ich keinen Beruf im Lebensmittelbereich erlernt habe, wünsche ich mir theoretische und praktische Grundlagen zu erlernen und durch Gespräche und Ausprobieren die Position einzelner Akteure des Lebensmittelsystems besser zu verstehen.“

Das schrieb ich Anfang 2020 in mein Bewerbungsschreiben für die Slow Food Youth Akademie. Im März ging das 8-monatige Fortbildungsprogramm los. Zunächst Online, später mit Workshop-Wochenenden zu verschiedenen Themen überall in Deutschland. Ich habe so viel gelernt, viele meiner Ernährungsgewohnheiten auf den Prüfstand gestellt und vieles verändert.

Neben all dem neuen Wissen, das ich mir aneignen konnte, war der Austausch mit so vielen anderen begeisterten Foodies einfach toll. Besonders kulinarisch hochwertig waren die traditionellen Mitbringsel-Buffets.

Was ist Slow Food überhaupt? Ich habe vor langer Zeit mal einen Artikel darüber verfasst.

4. Die Restaurants sind wieder da!!!!

augustinerkloster erfurt

Im Innenhof gibt es Rosen und Bienen.

pasteis de nata in erfurt

Und portugiesisches Gebäck.

Irgendwie war es ja doch überraschend, als plötzlich alles wieder losging. In Erfurt lagen nur wenige Tage zwischen „Außengastronomie darf öffnen“ und „alles fast wie immer“. In dieser Zeit rannten wir schnell in die Weinbar Weimar (toll, wie immer!) und entdeckten auch ein Kleinod in Erfurt, das tolles Ambiente, Genuss und herzliche Gastgeber vereinte: Die GenussStation im Augustinerkloster. Zufällig ganz in der Nähe unserer neuen Wohnung. Den Sommer über gab es dort richtig leckere Pasteis de Nata, Wein, mediterranes Feeling zwischen Rosen und Klostermauern und den ein oder anderen Kaffee. Das war dieses Jahr mein absoluter Lieblings-Genuss-Ort. Ich freu mich schon sehr darauf, dort auch nächsten Sommer zwischen den Lavendelbüschen zu schlemmen.

Mit unserem Artikel über die GenussStation haben wir übrigens den 3. Platz der Blog-Parade „Thüringen Wieder Entdecken“ von der Thüringer Tourismus GmbH gewonnen. Yeah!

5. Wir waren tatsächlich im NOMA!

Blumenweg am Noma

Einer der besten Tage in diesem Jahr.

Im Juli konnten wir tatsächlich verreisen und haben das ausgiebig getan. Über 4 Wochen waren wir in Skandinavien unterwegs. Unser erster Stopp in Kopenhagen war voll mit kulinarischen Highlights. Sowohl der Burger vom Gasoline Grill, die Tacos bei Hija de Sanchez, das Abendessen im ARK als auch die Kardamombullar von der Heart Bageri würden hier eigentlich jeweils einen eigenen Platz verdienen. Überstrahlt wurde der Besuch durch ein Essen im NOMA. Dass wir das 2021 erleben würden, hätte ich vorher niemals gedacht.

Ausführlich könnt ihr diese Highlights in unserem Kopenhagen Food-Guide nachlesen.

6. Käse und Fjordblick in der Käserei Skjerdal Stolsysteri

brunost käserei in norwegen

Traditionelles Käsehandwerk in Norwegen.

tipps für den aurlandsfjord

Brunost sieht nicht nach Käse aus und schmeckt auch nicht danach.

Es passiert immer wieder, dass wir unsere Reisepläne an Restaurants oder anderen kulinarischen „Schmeckenswürdigkeiten“ ausrichten. So geschehen mit unserer Route durch Norwegen. Wir wollten unbedingt nach Flåm, um dort eine bestimmte Käserei zu besuchen über die Flo in einem Buch über Käse gelesen hatte. Die besagte Skjerdal Stolsysteri liegt am Hang der Berge und bietet einen spektakulären Blick über den Aurlandsfjord. Hier wird der traditionelle norwegische Braunkäse (Brunost) hergestellt. Wir durften die Ziegen streicheln, die Käserei anschauen und dann leckere Eierkuchen mit Braunkäse auf der Terrasse genießen. Ein toller Moment, an den ich gern zurückdenke.

7. Der letzte Fisch 2021 im Sabi Enso, Stavanger

Omakase bei Sabi Enso in Stavanger

Jeder Gang war ein kleines Kunstwerk.

Aus unserer Reise nach Japan ist auch 2021 nichts geworden, aber tolles Sushi gab es dieses Jahr trotzdem. Beim Omakase im Sabi Enso im norwegischen Stavanger hat uns Roger beim Omakase nicht nur vortrefflich unterhalten, sondern auch kulinarisch so richtig verwöhnt. Das Menü war abwechslungsreich, spannend, toll angerichtet und einfach lecker.

Dadurch, dass ich mich kurz nach der Reise im Rahmen der Slow Food Youth Akademie intensiv mit den Problematiken der Fischerei auseinandergesetzt habe, ist das Sabi Enso bis auf weiteres mein Fisch-Abschiedsessen geworden. Fisch gibt’s bei mir ab jetzt nur noch regional (Binnenfisch) oder zu ganz besonderen Anlässen.

Mehr Details zum Sabi Enso gibt es hier.

8. Vegane Experimente und die Fancy Möhre

veganer Gemüseaufschnitt

Unsere „Fancy Möhre“ aka „Salami Orange“ lässt sich verwenden wie eine Wurst.

Nachdem wir auf der Skandinavienreise etwas mehr Fisch und Fleisch gegessen hatten, als wir es eigentlich tun wollen, haben wir beschlossen nach unserer Rückkehr für 3 Wochen nicht nur auf Fleisch und Fisch, sondern gänzlich auf tierische Produkte zu verzichten.

Dieser freiwillige Verzicht hat Freude gemacht, denn er hat uns dazu inspiriert viele neue Sachen auszuprobieren. Beispielsweise haben wir veganen Gemüseaufschnitt aus geräucherten, gepökelten, mit Koji-überzogenen, gedörrten Karotten gemacht. Klingt aufwändig und ist es auch. Aber es ist auch eine supercoole Sache, die seitdem fest auf unserem Speiseplan steht.

Obwohl ich nicht gänzlich vegan leben möchte, hat mir das Experiment gefallen und ich kann mir gut vorstellen mich jährlich für eine festgelegte Zeit pflanzlich zu ernähren.

9. Soulfood und ein sehr gutes Sandwich in Florenz

pizza in florenz essen

Vom besagten Sandwich gibt es kein schönes Foto. Also schauen wir uns lieber diese Pizza an.

Bis ich in meinem Bett im Nachtzug lag, habe ich gezweifelt, ob unsere Reise nach Florenz im Dezember wirklich stattfinden kann. Es hat tatsächlich geklappt! Und während die Corona-Lage in Deutschland wieder schlimmer wurde, konnten wir ein paar halbwegs sorglose Tage im Niedriginzidenzgebiet Florenz verbringen. Und wir haben so gut gegessen! Tolle Pizza, frische Pasta mit Trüffeln, zartes Bistecca alla fiorentina, köstlichen Cappuccino und beachtliche Mengen Tiramisu.

Woran ich mich aber sicher auch in ferner Zukunft erinnern werde, ist ein eigentlich sehr simples, aber dennoch außergewöhnlich gutes Sandwich von Il Fratellini. Das Focaccia-ähnliche Brot war nur mit Butter, Kräutern und Lardo belegt und doch war es extrem lecker und geschmackvoll.

10. 24 Stunden in der Casa Maria Luigia

frühstück in der casa maria luigia

Bei jedem ausgedehnten Frühstück werde ich an diesen gedeckten Tisch denken.

Es ist nicht ganz die Osteria Francescana (aka eines der besten Restaurants der Welt), aber fast: Im „Bed and Breakfast“ Casa Maria Luigia bietet Massimo Bottura (Chefkoch des vorher genannten Restaurants) ein Best-Of-Menü seiner bekanntesten Gerichte an. Und weil wir wirklich sehr neugierig auf jene waren und rein zufällig noch Plätze zur Verfügung standen, haben wir nach unserer Zeit in Florenz fantastische 24 Stunden in der Casa Maria Luigia verbracht.

Die Unterkunft war irre, die Snacks auf dem Zimmer und in der Community-Küche waren toll, das Abendessen war Spitzenklasse, aber was mich am meisten überrascht und begeistert hat, war das Frühstück. Denn das war die Spitzenkoch-Variante eines italienischen Bauernfrühstücks. Balsamico di Modena, Parmesan, Omlette, Croissant, frisch gebackene Focaccia aus dem Holzofen, Kekse. Es war unglaublich gut. Ganz besonders schön war es in der Casa Maria Luigia auch, weil wir zum ersten Mal ein so besonderes Restauranterlebnis mit zwei unserer besten Freunden geteilt haben.

Hier gibt es einen Erfahrungsbericht zur die Casa Maria Luigia.

Spaß bei Massimo

Spaß mit Freunden in der Casa Maria Luigia.

So. Für ein eingeschränktes Jahr ist da doch ganz schön viel zusammengekommen!

Meinen letzten Jahresrückblick habe ich optimistisch mit der Hoffnung beendet, dass 2021 bestimmt zumindest ein bisschen besser werden würde als 2020…nun…naja. Es war zumindest anders. Sicher ist jedenfalls, dass Planungen, Erwartungen und Hoffnungen nicht immer eintreten und dass es einfach kommen wird, wie es kommt. Und manchmal bedeutet das eben, dass man unerwarteterweise einen Tisch im NOMA ergattern kann. Was auch immer nächstes Jahr passiert, ich bin sicher, dass mir auch Ende 2022 genussvolle Momente einfallen werden, die ich mit euch teilen kann.

Übrigens, im Frühjahr 2021 habe ich auf Instagram die #GenussmomentederWoche eingeführt. Jeden Freitag um 16 Uhr poste ich dort meine Wochenhighlights. Schaut doch mal rein.
Jetzt seid ihr dran, was waren eure kulinarischen Highlights des Jahres 2021? Schreibt sie in die Kommentare.