Das Weltgeschehen hat dieses Jahr viel Anlass dazu gegeben, mich in kleine und große kulinarische Eskapaden zu stürzen. Ich liebe dieses Hobby (oder ist es ein Lebensgefühl?), das es ermöglicht, immer mal all der Schwere zu entfliehen, im Restaurant ganz und gar den Moment zu genießen und damit auch Kraft für den normalen Alltag zu sammeln. Wie sonst soll man AFD-Wahlerfolge, Trumps Wiederwahl, Krieg und den stetig voranschreitenden Klimawandel emotional aushalten?
Ich bin dankbar für ein priviligiertes Leben und beherzte Gastronom*innen, die den Rahmen für so viele tolle Erlebnisse schaffen.
Zeit um auf meine schönsten kulinarischen Erlebnisse in diesem Jahr zurückzuschauen.
Wie immer in chronologischer Reihenfolge:
1. Oben in Heidelberg
Schmorkohl der Träume
Wunderschön!
Das Jahr hat mit einem Restaurantbesuch begonnen, bei dem mir schon währenddessen klar war, dass er es in diesen Blogartikel schaffen wird. Flo hat einen Platz im chronisch ausgebuchten „Oben“ in Heidelberg ergattert und wir haben schnell verstanden, dass die gute Buchungslage nicht nur damit zusammenhängt, dass es nur 15 Plätze gibt, sondern weil es einfach fantastisch ist, was Chefkoch Robert Rädel hier bietet.
Ich denke noch gerne an den Rauchkohl in Sauerkraut-Beurre-Blanc und an einen in Salzteig gegarten Sellerie mit Mohn in einer unfassbar tollen Soße zurück. Zum wunderbaren Menü aus regionalen Zutaten, kam die tolle Atmosphäre im gemütlichen Gastraum, die Einladung das Dessert in der Küche zu verspeisen und der extrem sympathische Gastgeber.
Der einzige Grund, warum ich nicht ganz so traurig bin, dass ich es nicht geschafft habe, einen Blogartikel über den Abend im Oben zu schreiben ist, dass ich sicher bin, dass ich dort auf jeden Fall nochmal essen gehen werde.
Die Fotos aus dem Oben gehören genau wie das Essen zu meinen Highlights aus 2024
Robert Rädel beherrscht die Kunst gleichzeitig kochen und reden zu können
2. Ein Burger in Palermo
Vielleicht nicht sonderlich italienisch, aber einfach fantastisch gemacht.
Ach Italien.
Den Februar haben wir wieder in Italien verbracht. Wir haben die zusätzlichen Sonnenstunden genossen, unsere rudimentären Italienischkenntnisse etwas verbessert, den schneebedeckten Ätna bestiegen, frische Orangen verspeist, sind an der Strandpromenade von Cefalú gejoggt, haben tollen Kaffee getrunken und zahlreiche köstliche Mahlzeiten in verschiedensten Restaurants zu uns genommen. In besonderer Erinnerung bleibt ein Abendessen im traumhaften Lido 84 am Gardasee, das weltbeste Frühstück in der Casa Maria Luigia, die Entdeckung von Tortellini in Brodo aber auch ein richtig guter Burger von Mad in Palermo. Wie ihr vielleicht noch aus dem letzten Jahresrückblick wisst, hat uns das Boutique Hotel Zash inklusive Restaurant sehr begeistert. Deswegen sind wir dieses Jahr zusammen mit unseren Freunden dorthin zurückgekehrt. Wir haben das irre Brotbuffet genossen, uns über den Wasserglas-Austausch vor dem Dessert gewundert und einfach einen tollen Abend miteinander verbracht.
Während ich durch die Fotos dieser vielen schönen Erlebnisse schaue, freue ich mich schon riesig, dass wir auch den Winter 2025 zum Teil in Italien verbringen werden.
3. Ein Sandwich in Wien
Kaiserschmarrn to go.
Nicht im Bild: das Pilzsandwich
Im April sind wir mit Freunden nach Wien gereist. Wir haben jeden Tag ein anderes Frühstückslokal ausprobiert, köstlichen Kaiserschmarrn bei Demel gegessen, Sachertorte probiert, vegane Hafermilch-Ramen gelöffelt und haben vor der Rückfahrt gefühlt die ganze Gebäckauswahl von Öfferl aufgekauft. Nicht nur der Krapfen mit Marillenmarmelade ist ein Highlight gewesen, sondern auch ein Pilzsandwich, das wir im gemütlichen Biergarten Amerling Beisl verspeist haben. Tja, da konnte das Wiener Schnitzel wegen dem wir eigentlich dort waren, nicht mithalten.
4. Mal wieder vegan
Ganz weit weg von Karotten-„Lachs“ aus dem Supermarkt
Es ist mittlerweile das dritte Jahr, in dem wir einen veganen Monat eingelegt haben. Ich kann nicht sagen, dass das ein kulinarisches Highlicht per se ist, denn gerade in Erfurt ist es schwierig außer Haus gutes veganes Essen zu finden. Weil es aber langweilig ist, den ganzen Monat selbst zu kochen, waren wir dieses Jahr in diesem Zeitraum in Berlin, wo es sich wunderbar vegan schlemmen lässt. Besonders toll war das Menü im Cookies und das Frühstück in der Freya Bakery. Der dort servierte Lachs aus Karotten hat uns zum nachmachen inspiriert und gehört seitdem zu unserem Repertoire an veganen Brotbelägen.
Krasse Farbe und intensiver Geschmack bei diesem Paprika-Gericht im Cookies & Cream
5. Abschied vom Lieblingsrestaurant
Zahlreiche tolle Restaurants mussten 2024 schließen. Dazu gehörte auch unser Lieblingsrestaurant in Thüringen, die Weinbar Weimar. Den Abschied haben wir so lange es ging ausgedehnt und haben im Sommer so viele Besuche wie möglich realisiert. So konnten wir zu den vielen schönen Erinnerungen, die an diesem Ort hängen noch weitere hinzufügen.
Dass so ein tolles Restaurant nicht weiter machen kann, macht mich traurig und ich werde die Weinbar 2025 sehr vermissen.
Mein Highlight der vielen Besuche in diesem Jahr: Maronenravioli mit Belper Knolle, Sellerie und Portweingelee.
So viele schöne Abende in der Weinbar Weimar
Letzte Souvenirs
6. New York Pizza
New York ist schon ziemlich spektakulär
So tomatig, so knusprig
Im Juli haben wir eine große Reise in die USA und nach Kanada angetreten. Vier Wochen waren wir unterwegs, haben wahnsinnig viel erlebt und natürlich auch ziemlich viel probiert.
Ein unbestreitbares Highlight waren die krustig, knusprigen Pizza Slices von Mamas, too aus New York. Selten habe ich etwas gegessen, das so laut gecruncht hat, als ich hineingebissen habe. Der Belag war reichlich, intensiv und soßig. Hach, ja – das würde ich gern öfter essen!
7. Ostküstengastfreundschaft im Liberty Hill Inn
Eine Hortensien-Allee hätte ich später auch gern mal
und jeden Tag frische Cookies auch!
Unsere Reiseroute führte uns von New York nach Cape Cod, an der Ostküste der USA. Die kleinen Örtchen mit den bunten viktorianischen Häusern haben es mir sehr angetan und ich wäre gern noch länger geblieben um am Strand zu spazieren und die vielen kleinen Lädchen zu besuchen.
Übernachtet haben wir in einem bezaubernden Bed and Breakfast, dem Liberty Hill Inn. Nicht nur die Veranda mit Schaukelstühlen, die antike Einrichtung und die herzlichen Gastgeber haben mich begeistert, auch die Verpflegung war wunderbar. Jeden Morgen gab es ein anderes kleines Frühstücksmenü, auf das ich mich schon am Vorabend gefreut habe. An einem Tag gab die wohl besten Blaubeerpfannkuchen weit und breit, dazu wurden jeden morgen andere frische Muffins serviert und als wäre das noch nicht genug, haben jeden Nachmittag frischgebackene Cookies auf uns gewartet. Was für ein Schlaraffenland!
8. Die große Zaubershow in Chicago
Genuss pur!
Wenn wir schon in den USA unterwegs waren, dann wollten wir uns einen Restauranttraum erfüllen und das Alinea in Chicago besuchen. Obwohl ich nicht sagen kann, dass mir der Abend uneingeschränkt gefallen hat, bin ich mir dennoch sicher, dass ich noch sehr oft daran zurückdenken werde.
9. Esskultur in Europa
Manchebesondere Restauranterlebnisse fanden 2024 in privaten Esszimmern in Italien statt,
andere im absoluten Luxus.
Im Spätsommer sind wir noch einmal nach Italien gereist. Der erste Stopp in Mailand war nicht nur schön, weil wir dort nach der USA-Reise liebe Freunde wiedergetroffen haben, sondern auch, weil ich den Kontrast zum amerikanischen Lebensgefühl so genossen habe. Kaffee aus echten Tassen, richtig gutes Brot, Fußgängerzonen, Außensitzplätze und ehrlich gemeinte Freundlichkeit (oder Unfreundlichkeit). Ich lebe so gerne in Europa und entdecke die kulinarische Vielfalt. Nach der Zeit in Nordamerika (die natürlich auch toll war!) konnte ich das alles nochmal mehr wertschätzen.
Besonders köstlich, gemütlich und rundherum zum Wohlfühlen war das Abendessen im Rataná, wo mailänder Küche modern interpretiert wird.
10. Ein besonderes Nudelgericht
Das beste Gericht des Jahres
Ich laufe eventuell Gefahr euch mit meinen Schwärmereien über die Casa Maria Luigia (und Italien insgesamt) zu langweilen, aber Highlight ist Highlight. Im September sind wir wieder in Massimo Botturas Landhaus eingekehrt um dieses Mal das neue Restaurant seiner Küchenchefin Jessica Rosvall zu besuchen: Al Gatto Verde.
Direkt neben der Aceteria voller Balsamico-Essig-Fässer gelegen, wird in diesem Restaurant besonders viel über offenem Feuer gekocht und italienische Küche verschmilzt mit der kanadischen Herkunft der Küchenchefin.
Alles, was wir an diesem Tag gegessen haben, war wunderbar, doch ein Gericht war besonders herausragend: In Stör-Dashi gekochte Spaghetti mit einer Dashi Zabaglione und einer fetten Portion Kaviar. Cremig, sämig, salzig. Einfach rundherum perfekt und ein echter Glücksgriff, da ich normalerweise ja gar keinen Fisch esse. Ich bin froh in diesem Fall eine Ausnahme gemacht zu haben.
Danke, dass ihr auch 2024 mit uns geschlemmt habt!
Ein paar weitere besondere Genussmomente haben es zwar nicht in die Top 10 geschafft, aber ich möchte sie trotzdem festhalten:
– eine Mini Ayurveda Kur an der Mosel mit besonders gesundem und köstlichem Essen im Ayurveda Parkschlösschen
– Abendessen mit indisch inspirierdem Essen im Indienne in Chicago, das mir atmosphärisch und kulinarisch eigentlich noch mehr gefallen hat als das Alinea
– Chicago Italian Beef Sandwich: eine soßige Sauerei mit viel zu viel Fleisch. Ihr kennt es vielleicht aus der Serie „The Bear“.
– Ist Victoria eine heimliche Gebäck Hochburg? Das traumhafte Gebäck aus der Crust Bakery oder von Working Culture lassen das vermuten
– Immer auf der Suche nach vegetarischem Essen in den USA gab es für mich oft Gerichte mit Portobello Pilzen und die waren oft wirklich hervorragend
– Die Entdeckung von Elotes (mexikanischem Streetfood Mais mit allerlei Toppings)
– Das Brot von Au Backe in Erfurt, das eventuell jedes Jahr besser wird
Thüringen kam in diesem Rückblick wenig vor, aber auch hier habe ich natürlich allerlei probiert
Das war 2024. Genuss hat mir geholfen Schwierigkeiten zu überstehen und resilient zu bleiben. Ich bin dankbar für so viele Reisen und neue Erfahrungen, freue mich aber auch auf einen Neuanfang im neuen Jahr.
Für 2025 stehen schon ein paar Reservierungen im Kalender: Wir besuchen das Hallmann & Klee in Berlin, gehen in Italien nochmals ins Al Gatto Verde, werden Urlaub in Strasburg machen und wenn es richtig gut läuft, dann werden wir Magnus Nilssons neues Bed & Breakfast in Schweden besuchen. Ich möchte versuchen mehr Zeit in der Natur zu verbingen und öfter Wandertouren mit kleinen kulinarischen Abenteuern zu verbinden. Habt ihr Tipps dafür? Dann schreibt mir!
Ich bin sehr neugierig auf eure kulinarischen Highlights des Jahres. Verratet ihr sie in den Kommentaren?
PS. Kleine wöchentliche #GenussmomenteDerWoche gibt es immer sonntags auf Instagram. Schaut auch dort mal vorbei.