[Werbung] Es gibt Restaurants, denen sieht man an, dass sie detailverliebt sind, dass sie verspielt oder naturverbunden sind. Es gibt Restaurants mit riesigen Pflanzen, eigenen Gewächshäusern, fantastischem Ausblick oder handgeschriebenen Tischkarten. Es gibt Restaurants, welche die Seele der Gastgebenden zeigen. Es gibt allerdings auch Restaurants, die bewusst neutral bleiben, wenig Deko, wenig Ablenkung. Hier soll es nur ums Essen gehen! Und dann gibt es Restaurants, die die Manifestation eines Topmanagers sind: Die dicken Autos (und Flugzeuge) stehen nicht vor der Tür, sondern quasi im Restaurant. Die Tische sind mit Leder überzogen, der Boden ist aus feinstem Marmor. Für die Damen(-toilette) gibt es ein 3 m hohes Blumenbouquet. Hier wird gezeigt was man hat und welche Qualität man zu liefern in der Lage ist.

„Entschuldigung, kann ich hier auch einen Engery-Drink bestellen?“

Essen gehen Hangar 7

„Selbstverständlich. Sie wissen aber über die Sache mit den Flügeln Bescheid, oder?“

Das Ikarus Restaurant hat so einiges: Jeden Monat kocht hier ein anderer Gastkoch bzw. Gastköchin. Wir reden hier von Gästen auf höchstem Niveau. Dominique Crenn war schon hier oder auch Klaus Erfort. Von daher passt es ziemlich gut, dass das Ikarus direkt am Salzburger Flughafen liegt. Hier ist Jetset angesagt. Die besten Köchinnen und Köche aus der ganzen Welt, exklusive Rezepte aus der ganzen Welt, exquisite Zutaten aus der ganzen Welt. Was konstant bleibt: Ein Team der Spitzenklasse, dass monatlich die Rezepte der Gastköche umsetzt, vegetarisch anpasst, Weinbegleitungen ausarbeitet und nebenbei auch immer das Ikarus-Best-Of-Menü zubereitet.
Ikarus Restaurant Innenraum

Das Restaurant liegt direkt im Hangar 7, wo zahlreiche Fahrzeuge für Straße und Luft ausgestellt sind.

Statt selbst um die Welt zu reisen, können die Gäste somit ganz entspannt meisterhafte Küchenkreationen erleben, die bequem für sie nach Salzburg kommen. Darüber, ob wir damit jetzt unseren CO2-Fußabdruck verkleinern, ist zu diskutieren, aber erstmal klingt das Prinzip doch ziemlich gut.

Grund für unseren Besuch ist dennoch nicht unsere generelle Experimentierfreudigkeit, sondern das Erscheinen des neuen Ikarus Kochbuches. Es liegt nahe: Wo jeden Monat jemand neues kocht, da kann man die Rezepte sammeln und jährlich ein herrlich buntes Potpourri der Spitzenklasse herausbringen. Die Einladung zur diesjährigen Buchveröffentlichung konnten wir aus Zeitgründen nicht annehmen, aber da wir sowieso in Salzburg waren, durften wir kurz vor der Veröffentlichung stattdessen einen Abend im Restaurant verbringen.

Jetzt bin ich gerade auf dem Heimweg aus Österreich und freue mich schon, dass das neue Ikarus-Buch in wenigen Tagen per Post bei mir ankommen wird. Eine Buchvorstellung werdet ihr auf Instagram finden.

Hier soll es jetzt allerdings ums Essen und die Eindrücke unseres Restaurantbesuchs gehen.

Menü Gregoire Berger Ikarus

Ha! Nagellack passt schon wieder zum Essen.

Vegetarisches Menü Ikarus Salzburg

Mindestens ein bisschen Blattgold darfs im Ikarus schon sein.

Wir waren mittlerweile schon in vielen hochklassigen Restaurants, aber das Ikarus sticht aus unserem normalen Beuteschema (regional, saisonal, slow) heraus. Das Ikarus ist schick – ein Restaurant, in das man Businesspartner:innen oder Dates ausführt, wenn man sie beeindrucken möchte. Die Kellner:innen tragen Anzug oder Kleid, Gäste haben teure Taschen und kommen mit dem Taxi. Wir kommen mal wieder mit dem Bus, freuen uns aber trotzdem darüber, dass hier alles so herrlich, hochprofessionell etepetete ist. Den ganzen Abend über haben wir das Gefühl, dass die Küche handwerklich so hervorragend ist, wie wir es selten erlebt haben.
Melone

Wassermelone mal anders.

 

,Der Gastkoch in diesem Monat ist Grégoire Berger. Der gebürtige Franzose leitet das Ossiano – ein mit einem Michelin-Stern ausgezeichnetes Unterwasserrestaurant in Dubai. Hier können sich die Gäste im spektakulären Setting mit Blick auf Haie und Stachelrochen vorrangig Fischgerichte schmecken lassen. Da Flo und ich auf Meeresbewohner auf dem Teller verzichten, freuen wir uns, dass wir im Ikarus die Möglichkeit haben, ein vegetarisch abgewandeltes Menü zu bestellen. Als Gast im Ikarus hat man stets die Wahl zwischen dem aktuellen Menü des Gastkochs bzw. der Gastköchin, einem vegetarischen Menü (bei dem das Gast-Menü abgewandelt wird) und dem Ikarus-Menü (eine Art Best-Of). Es ist außerdem möglich das Menü von 8 auf 6 Gänge einzukürzen.

Wir verzichten dieses Mal auf die Weinbegleitung und erfreuen uns an einigen einzelnen Gläsern. Zum Aperitif genieße ich einen köstlichen Sake mit Yuzu, der einfach so wunderbar frisch ist, dass ich ihn gerne den ganzen Sommer über genießen möchte. Flo bestellt ein Glas Champagner von Ayala, der ebenfalls ganz besonders gut ist. Und wie wir später sehen, das wahrscheinlich teuerste einzelne Glas, das wir jemals bestellt haben. Uppsi.

Nichtsdestotrotz fühlen wir uns beim Sommelier sehr gut aufgehoben und freuen uns, dass wir so gut beraten werden und deswegen nicht in die Verlegenheit kommen die Weinkarte zu wälzen, die in ihrem Umfang der Gesamtausgabe aller Game-of-Thrones Bücher gleicht.

Die schwarzen Klumpen, die aussehen wie verkohlt, sind gefärbter Tempurateig.

Lauch und Trüffel sind eine traumhafte Kombination.

Während wir uns die ersten Gerichte des Menüs schmecken lassen (drei sehr knusprige Kleinigkeiten: eine rauchige Rote Bete, angenehm fischigen Sushireis und einen sehr cremigen Ziegenfrischkäse) betrachten wir das Ambiente. Das Ikarus liegt im ersten Stock des Hangar 7. Im Hangar können die Flugzeuge der Flying-Bulls-Flotte, Formel-1-Autos, Motorräder und Helikopter besichtigt werden. Vom Restaurant schaut man direkt auf diese öffentlich zugängliche Sammlung. Trotzdem ist man sehr für sich. Auf den mit schwarzem Leder überzogenen Tischen stehen Skulpturen aus Silberbesteck.

Der erste Gang erinnert mich auf angenehme Art an zwei kürzliche Restaurantbesuche: Wie in der Hisa Franko gibt es dehydrierte Wassermelone und dazu wie in der TaBar ein Gelee. Dieses Mal jedoch aus Angosturabitter, den man sonst aus Whisky Sour kennt. Auch die asiatische Zitrusfrucht Yuzu ist Teil dieses spannenden Einstiegs.

Chicoree im Abendlicht

Gebratener Chicorée mit okayem Karottenweingummi und einem köstlichen Sud.

Weiter geht es dann mit einem gebrannten Lauch und einem Lauch-Kimchi. Die vielen Komponenten auf dem Löffel führen den Gaumen in allerlei Richtungen: sauer, scharf, salzig. Das Mundgefühl ist durch die Knusprigkeit des gefärbten Tempurateigs sehr angenehm. Dazu wird ein Zitrusmarshmallow serviert, den wir uns selbst über kleiner Flamme rösten dürfen. Lagerfeuergefühle kommen eher nicht auf und der Marshmallow ist eher lustig als ein echtes Geschmackserlebnis. Der Lauch überzeugt jedoch. Er passt fantastisch zum Trüffel, ist so warm und weich, dass er im Mund fast zerfällt und wird durch den frischen Basilikum und die röstigen Haselnüsse wunderbar ergänzt. Köstlich wird es beim Sud, der sich aus dem gebratenen Chicorée vom nächsten Gang auf dem Teller sammelt. Die etwas klebrigen Karotten-Weingummi hätte ich dazu nicht gebraucht.
Verschiedene Buttersorten aus Frankreich

Die Butter ist so fantastisch, dass ich gar nicht dazu komme, über das Brot zu schwärmen.

Und weil Herr Berger ganz fürsorglich vermeiden wollte, dass wir uns vor dem Start des Menüs am Brot sattessen, wird es erst jetzt serviert. Wir freuen uns über fünf verschiedene Buttersorten, die in Frankreich noch komplett in Handarbeit hergestellt werden. Ich kann kaum sagen, welche Sorte mir am besten schmeckt. Natur, salzig, mit Yuzu, Alge oder pikant mit Paprika? Feststeht, dass es tatsächlich eine ganz besonders gute und zart schmelzende Butter ist. Es bricht mir das Herz die übrigbleibenden Butterstücke auf dem Teller zurückzulassen.
Alkoholfreie Getränkebegleitung Ikarus

3-fach Birne, gerösteter Buchweizen und Pilzwasser.

Foodblogger Erfurt

Wer hätte gedacht, dass Pilzwasser so schmecken kann.

Traurig nippe ich an einem Getränk aus der alkoholfreien Begleitung. Es besteht aus geröstetem Buchweizen, Pilzwasser, geklärtem Birnensaft, ungeklärtem Birnensaft und Birnenessig. Die leicht dickflüssige grüne Flüssigkeit macht meinen Schmerz über die Butter wieder gut und zaubert mir ein erstauntes Lächeln ins Gesicht.
Menü Gergoire Berger

Die Hippe, die nicht kleinzukriegen war.

Tortellini Pfifferlinge

Wunderbare Tortellini mit Pfifferlingen.

Weiter geht es mit einem Teller mit Topinambur, Steinpilzen und einer traumhaften Pecorino-Soße. Obenauf liegt eine Hippe, die eigentlich schwungvoll zerschlagen werden soll. Da das konsistenzmäßig nicht hinhaut möchte ich an dieser Stelle den Service loben. Wie ich dort so auf meine nicht-knusprige Hippe haue, ist in Sekundenschnelle unser Kellner zur Stelle, um mir ein Messer zu bringen. Diese Art der unaufdringlichen, aber kontinuierlichen Aufmerksamkeit beschreibt den Grad vom Service ganz gut. Bevor es süß wird, bekommen wir dann noch eine Portion wunderbarer Tortellini. Der perfekte Teig umschließt eine Füllung, aus der dezent Salzzitrone und Minze herauszuschmecken sind. Dazu gibt es Pfifferlinge. Wunderbar.
Restaurant Ikarus Salzburg

Der Fake-Trüffel schält sich aus den dramatischen Nebengeschwaden.

Und weil schon länger kein Showeffekt mehr kam, folgt darauf ein Cheesecake, der sich als schwarzer Trüffel verkleidet. Er liegt auf einer Schale mit dramatisch dampfendem Trockeneis und Flo, der das Eis an Trockenheit übertrifft, sagt: „Das kann ich mir wirklich gut in Dubai vorstellen.“. Dennoch ist das Gericht lecker, kaum süß und durchaus komplex.

Das Menü endet mit einem Basilikum-Matcha-Sorbet mit Rosmarin und Thymian und einem letzten Spritzer saurem Yuzu. Aber halt: Es folgt noch ein kleiner Zauberkasten mit verschiedenen Petit-Four, bevor es wirklich vorbei ist.

Und immer wenn wir denken, dass es das war, geht noch eine Schublade auf.

Macht Spaß und schmeckt toll!

Wir sind satt, zufrieden und gut unterhalten. Ich fühle mich im Ikarus eher wie eine Besucherin und nicht als hier heimisch. Ich hatte aber trotzdem eine richtig gute Zeit und bin absolut begeistert von der Qualität der Zubereitung. Wie schön, dass uns das Universum in dieses Restaurant geführt hat.
Ikarus Michelin Restaurant im Hangar 7 in Salzburg

Abschiedsblick auf das Ikarus im Hangar 7.

  • Gaumenwertung 9,3/10
  • Gesamterlebnis 8,9/10
„Unfassbar, wir können uns nichts besseres vorstellen!“

DETAILIERTE BEWERTUNG

Mira
Flo
Mira&Flo
Gaumen 9,0/10 Gaumen 9,5/10 Gaumen 9,3/10
Getränke 9,5/10 Getränke 9,5/10 Getränke 8,5/10
Atmosphäre 7,0/10 Atmosphäre 7,0/10 Atmosphäre 7,0/10
Service 9,0/10 Service 9,0/10 Service 9,0/10
Gesamterlebnis 8,9/10 Gesamterlebnis 9,2/10 Gesamterlebnis 8,9/10