Warum sind Schafe und Streuobstwiesen ein perfektes Match? Wieso kann es nachhaltig sein, Lammfleisch zu essen? Was ist ein Hammeltrauma und was hat das alles mit Landschaftspflege zu tun?
Wir sind unterwegs mit Weidewonne, stellen viele Fragen und lernen eine Menge über regionale Wertschöpfung in Thüringen. Kommt mit!
Weidewonne ist eine Marke des Thüringer Umweltministeriums, wird von der Naturstiftung David getragen und ist mit der Unterstützung von Schäfereien aus Thüringen, der Vermarktung von Lammfleischprodukten und der naturnahen Landschaftspflege mit Schafen beauftragt. Das Projekt wird durch das Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördert. Dieser Artikel entsteht im Rahmen einer Kooperation. Mehr dazu am Ende dieses Artikels.
Zu Besuch bei den Schafen in Kirchheiligen
1. Warum ist Landschaftspflege mit Schafen eine gute Idee?
Schafe (und Ziegen) beweiden Grünland, das teilweise zu steil, zu steinig oder aus anderen Gründen ungeeignet für den Ackerbau ist. Würde man diese Flächen einfach sich selbst überlassen, würden sie verbuschen und als wichtiger Lebensraum für Insekten und andere Tiere verloren gehen. Das gilt auch für Streuobstwiesen, die einen sehr wichtigen Lebensraum darstellen. Würde man an diesen Orten schwere Maschinen einsetzen, würde man viel zerstören. Wenn hier Schafe grasen, bleiben Lebensräume seltener heimischer Tier- und Pflanzenarten erhalten und zudem düngen die Schafe die Böden mit ihren Ausscheidungen auf natürliche Weise. Das ist entscheidend für den Erhalt der Biodiversität.
Die Schafe bei ihrer wichtigen Arbeit: Sie knabbern an Büschen und Bäumen und sorgen so dafür, dass auf den Wiesen lichtbedürftige Pflanzen wachsen können.
2. Klingt ja gut, aber warum soll ich die Schafe dann essen?
Tiere zu essen, um den Naturschutz zu fördern, klingt zunächst absurd, aber in bestimmten Fällen ist das sinnvoller als wir denken. Im Fall der Weidewonne Schafe geht es nicht um Massentierhaltung, die dazu beiträgt, die Umwelt zu zerstören oder um Lammfleisch aus Neuseeland, das einmal um die halbe Welt transportiert wurde, sondern um Tiere, die helfen die Umwelt in Balance zu halten. Eine sinnvolle Kreislaufwirtschaft entsteht, wenn alle Aspekte ineinandergreifen: möglichst alle Ressourcen sollen genutzt werden, nichts geht verloren. Dazu gehört auch das Fleisch und die Wolle der Tiere aus Thüringen zu nutzen. Natürlich stellt der Vertrieb der Ressourcen eine wichtige Einnahmequelle für die Schäfereien dar, ohne die sie nicht überleben könnten. Das würde wiederum bedeuten, dass die Landschaftspflege aufhören würde, Lebensräume verloren gingen und z. B. das Artensterben begünstigt würde.
In Thüringen hängen ca. 25.000 Hektar Biotopgrünland von Schaf- und Ziegenbeweidung ab
3. Schmeckt Lammfleisch überhaupt?
Am besten probierst du es selbst aus. In vielen Ländern der Welt ist Lammfleisch total verbreitet und wir haben schon viele köstliche Gerichte damit gegessen. Gerade in Großbritannien oder Rumänien haben wir hier gute Erfahrungen gemacht und dort kann man sich auch mit spannenden Rezepten für die Zubereitung inspirieren lassen. Übrigens: Dass es dort oft Lamm gibt, hängt auch dort mit den traditionellen landschaftlichen Gegebenheiten zusammen.
Wir haben im Kochbuch „Jerusalem“ von Yotam Ottolenghi köstliche Rezepte gefunden.
4. Ich habe gehört, dass Fleisch von Schafen schmeckt streng und man muss es einlegen, damit es genießbar wird. Stimmt das?
Gerade in Thüringen ist die Meinung sehr verbreitet, dass Lamm oder Schaf einen sehr strengen, teils unangenehmen Geschmack hat. Dieses sogenannte Hammeltrauma stammt aus der DDR-Zeit. Damals kam es ziemlich regelmäßig vor, dass den hiesigen Bürger*innen das tatsächlich wenig wohlschmeckende Fleisch älterer, zumeist männlicher Tiere verkauft wurde. Das hat von der Qualität und dem Geschmack nichts mit dem Fleisch zu tun, das beispielsweise von der Weidewonne verkauft wird. Leider hält sich dieses Vorurteil hartnäckig und führt dazu, dass viele Menschen Vorbehalte gegenüber Schafsfleisch haben.
5. Okay. Und wo kann ich das regionale Fleisch kaufen?
Der Weidewonne-Marktplatz bietet dir in regelmäßigen Abständen die Möglichkeit dort Lammfleisch vom Biohof Bärwolf zu bestellen. Es gibt Pakete in verschiedenen Größen, die sich gut zum Teilen mit Freunden oder der Familie eignen. Alternativ kannst du einen Teil einfrieren. Hier kannst du bestellen: www.weidewonne.de/marktplatz
Zudem findest du eine Übersicht von Fleischereien, die Lammfleisch verkaufen, das nach Weidewonne-Kriterien hergestellt wurde. Hier kann es sinnvoll sein vorher anzurufen, denn das Fleisch ist nicht immer vorrätig.
6. Was sind die Weidewonne-Kriterien?
Damit Schäfereien zu Weidewonne-Partnern werden müssen sie sechs Kriterien erfüllen:
1. Die Weideflächen und Aufzuchtbetriebe befinden sich in Thüringen. Geburt, Aufzucht, Haltung, Transport und Schlachtung der Schafe und Lämmer finden in Thüringen statt.
2. Alle Mutterschafe nehmen aktiv an der Landschaftspflege teil. Pflanzenschutzmittel, Stickstoffdünger, Gülle oder Klärschlamm werden auf diesen Weideflächen nicht eingesetzt. Die Beweidung erfolgt unter Berücksichtigung spezieller Artenschutzmaßnahmen und Pflegekriterien.
3. Die Futtermittel stammen überwiegend aus Thüringen, ohne gentechnisch veränderte Bestandteile sowie ohne importierten Soja. Es erfolgt keine Zufütterung während der Beweidung auf den naturschutzrelevanten Flächen.
4. Die Haltungsbedingungen in der Weide- oder Stallperiode sind artgerecht. Ausreichender Ruhe- und Bewegungsraum wird garantiert. Die Tiere wachsen ohne den Einsatz von antibiotischen, chemobiotischen sowie ohne hormonelle Leistungsförderer auf.
5. Alle Produktionswege sind nachvollziehbar. Die Produktqualität ist durch die Auswahl der gehaltenen Rassen ausgezeichnet.
6. Eine selbstverpflichtende Vereinbarung aller beteiligten Schäfereien und Produktionsbetriebe im Verbund der Regionalmarke Weidewonne sorgen für die Einhaltung der natur- und landschaftspflegerischen Kriterien. Die Kontrolle erfolgt durch den Landesverband der Thüringer Schafzüchter.
Wir haben bei Weidewonne bestellt und unsere Nachbarn gefragt, wie es ihnen schmeckt. Das Ergebnis seht ihr auf Instagram.
7. Ich möchte nicht selber kochen. Wo kann ich regionales Lammfleisch aus Thüringen im Restaurant finden?
Eine gute Idee. Versuch es mal im Restaurant Mijou in Erfurt, der Landfactur in Kirchheiligen, im Restaurant Zur Schlemmerei in Bad Langensalza, im Restaurant Zum Schwarzen Bären in Weimar oder im Glöckchen in Ilmenau.
Schreib gern in die Kommentare, wenn du noch in einem anderen Restaurant Weidewonne-Fleisch entdeckt hast.
Weidewonne Lammfleisch gibt es zum Beispiel im Restaurant Mijou in Erfurt.
8. Was ist mit der Wolle der Schafe? Kann man die nicht auch verwenden?
Ja, auf jeden Fall! Wolle ist ein fantastisches Naturmaterial, das über viele tolle Eigenschaften verfügt. Ich schwöre beispielsweise zum Wandern auf meine Shirts aus Merinowolle. Leider ist es heutzutage viel günstiger Wolle zu importieren, als die der Thüringer Schafe zu nutzen. Oft können hierzulande für den Verkauf der Wolle nur Preise erzielt werden, die höchstens die Kosten für die Schur decken. Es gibt dennoch einige Projekte, die Thüringer Wolle nutzen und qualitativ hochwertige Kleidung aus dieser regionalen Ressource fertigen. Du findest diese im Weidewonne Onlineshop.
Ihr seht schon, der Verzehr von Lammfleisch hat überraschend viel damit zu tun, wichtige Kulturlandschaften in Thüringen als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten. Wenn du dich also für eine nachhaltige Ernährung interessierst und gelegentlich Fleisch auf deinem Teller landen darf, könnte Weidewonne für dich genauso interessant sein wie für uns. Wir jedenfalls finden das Projekt super spannend und haben uns gefreut, dass wir uns im Rahmen der Kooperation näher damit beschäftigen durften.
Dafür haben auch Schafe, einen Schäfer und den Landwirt Frank Baumgarten in Kirchheiligen getroffen und uns ein Lamm-Paket nach Hause bestellt. Davon seht ihr mehr auf unserem Instagram-Kanal.
Werbung: Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation mit Weidewonne entstanden. Ich habe trotzdem viel selbst recherchiert und versuche, meine Erkenntnisse und Erlebnisse trotzdem so objektiv wie es geht zu beschreiben und euch einfach wie immer am Erlebten teilhaben zu lassen.