Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag und bringt uns zurück zu den Wurzeln unseres Blogs. Wie wird man denn eigentlich zum Gourmet?
Es folgt ein Erfahrungsbericht meiner Schwester Laura über ihren ersten Besuch in einem Sternerestaurant.

Ich bin ein passiver Gourmet aus der zweiten Reihe. Ich verfolge seit Beginn Miras Blog und habe dabei schon jede Menge Berichte über verrückte Restaurants auf der ganzen Welt gelesen. Aber so ganz verstanden, habe ich diese Passion nicht und mich deshalb umso mehr gefreut, dass ich dieses Jahr zum Geburtstag einen Besuch in einem von zwei Zwei-Sterne-Restaurants in Hannover, dem Jante, geschenkt bekommen habe.

Die Füllung von diesem knusprigen Häppchen mit Tomatenmarmelade hat uns begeistert!

Über einige Dinge habe ich mir im Vorfeld wirklich ziemlich viele Gedanken gemacht. Zum Beispiel, was ich anziehen soll, ob ich noch eine Besteck-Kurs machen muss, ob man alles aufisst und irgendwie auch, ob man von den vielen Mini-Portionen wirklich satt werden kann. Das Jante war, was diese Bedenken angeht, auf jeden Fall für Anfängerinnen wie mich geeignet. Obwohl es mir von Mira vorher schon versichert wurde, hat es mir geholfen, ein paar Online-Rezensionen zu lesen.

Dort wurde die Garderobe als absolut casual beschrieben und so angezogen habe ich mich dort auch wirklich wohlgefühlt. Ebenfalls beschrieben war, dass es an jedem Tisch eine Schublade mit Besteck gibt, aus der man sich nach Bedarf bedienen kann. Das fand ich wirklich sehr entlastend, denn ich hätte gerade noch Butter- und Steakmesser auseinanderhalten können. Ich glaube, dass Restaurants die Hürde des Besuchs abbauen könnten, wenn sie auf ihrer Website schreiben würden, wie ein Abend dort abläuft. Aber vielleicht ist das für den erfahrenen Gast auch ganz normal und nicht mehr der Rede wert.

Das Jante befindet sich in der Südstadt von Hannover.

Die an Foie Gras erinnernde Pilzcreme hat meine Schwester nicht so begeistert.

Nach der netten Begrüßung gab es mehrere Grüße aus der Küche. Ich frage mich ein bisschen, worin sich diese von einem normalen Gang unterscheiden, denn von der Größe der Portionen her gab es keinen großen Unterschied. Köstlich waren sie fast alle. Ich fand die Info total gut, dass man auch einfach etwas liegen lassen kann, was einem nicht schmeckt. In meinem Fall war das ein recht großer Keks mit irgendeinem Pilz drin (genauer kann ich es nicht mehr sagen). Davon fand ich einen Bissen köstlich, den zweiten (und alle weitere) waren aber viel zu doll.

Dazu gab es einen Aperitif. Man konnte zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen, die gut erklärt wurden. Das hat sich durch den gesamten Abend gezogen, erst wurde die Weinbegleitung erklärt und danach das Gericht in seinen Komponenten und Zubereitungen. Das fand ich in dieser Ausführlichkeit auf jeden Fall ungewohnt und macht vermutlich den Unterschied zum “normalen” Restaurantbesuch aus, wo ich die Zutaten meist der Speise- oder Menükarte entnehmen kann. Hinter “Blumenkohl, Waygu, Käse” hat sich einfach so viel mehr versteckt, als diese drei Zutaten und es war absolut köstlich und eins meiner Highlights des Abends. Und ich mag eigentlich keinen Blumenkohl.

Ich war Fan der Soßen mit Molke-Anteil. Hier zum Beispiel in Kombination mit Kohlrabi und Sauerampfer.

Besonders gut gefallen hat mir auch, dass bereits im Vorfeld Unverträglichkeiten oder Dinge, die man nicht essen möchte, abgefragt wurden. So sind alle Gänge, die etwas aus dem Meer enthalten hätten, bei uns durch etwas anderes ersetzt worden.

Und da kommen wir zu meinen Überraschungen: Ich habe Taube gegessen. Die hätte ich mir sicherlich nicht bestellt, weil ich es einfach etwas seltsam gefunden hätte. Und beim Hauptgericht, einem köstlichen Rippchen, gab es als Beilage eine Praline (ich würde ja sagen Krokette) vom Schweinekopf. Die zu essen hat mich tatsächlich totale Überwindung gekostet. Ich habe dann einfach nicht darüber nachgedacht und sie mit einem Haps verspeist. Was wirklich schade war, denn es war absolut köstlich! Aber es hat mich auch drei Tage danach beschäftigt, weil ich mich total Dschungelcamp-mäßig gefühlt habe. Nur in fancy.

Unter dem hauchdünnen Wagyu verbirgt sich Blumenkohl in Käsesoße. Ein richtig tolles Gericht!

Wenn man in Filmen in Sternerestaurants immer so viel mit den Händen essen würde wie im Jante, gäbe es weniger Vorurteile.

Nach den 7 Gängen und den dazugehörigen Broten, Grüßen, Nachttischen und verschiedenen Weinen war ich am Ende in jedem Fall satt (und ziemlich angeduselt). Das Finale, eine Waffel mit Waffeleis gefüllt, fand ich genau die richtige Mischung zwischen normal und angemessen außergewöhnlich. Die Befürchtung, von so kleinen Portionen nicht satt zu werden, ist also auch nicht eingetreten. Für mich war es insgesamt ein total schöner Abend. Vor allem auch, weil wir uns die viereinhalb Stunden prima unterhalten konnten und dabei immer wieder neue Köstlichkeiten an den Tisch kamen.

Lauchherzen mit Lardo.

Ich hätte erwartet, dass der Service in so einem Restaurant noch etwas krasser ist. Manchmal hätte ich gerne nach dem Gericht nochmal aufgezählt bekommen, was ich da wie zubereitet gegessen habe, weil ich erst danach überhaupt Ideen hatte, was es sein und wie es schmecken könnte. Alle waren sehr nett und zuvorkommend. Sobald jemand auf die Toilette, mit schwarzem Klopapier(!), gegangen ist, kam jemand aus dem Nichts und hat die Serviette neu gefaltet. Witzig.

Laura fand es seltsam Taube zu essen – ich merke, dass ich das durch viel Fine Dining überhaupt nicht mehr erwähnenswert fand. Zu abgestumpft?

Neben der Weinbegleitung haben wir uns auch die alkoholfreie Begleitung schmecken lassen. Hier eine wilde Kombi aus Rote Bete und Malzbier.

Die Atmosphäre im Jante fand ich in jedem Fall sehr nett und gemütlich, ich glaube das war wirklich ein guter Einstieg ins “Fine Dining”. Ich habe auch schon von mehreren Freund*innen, die nicht regelmäßig so ausgefallen Essen gehen, gehört, dass sie dort schon mal waren und sich sehr wohlgefühlt haben. Ich kann absolut verstehen, dass es spannend ist, in verschiedenen Restaurants die Zubereitung hochwertiger Zutaten zu vergleichen und einfach zu genießen.

Ich hätte mich auch über ein klassisch süßes Dessert gefreut, aber diese Steinpilz-Kopfsalatsorbet-Kartoffelstroh-Kombination war auch sehr besonders.

Also eine klare Empfehlung für den Besuch, ich würde sicherlich nochmal mitkommen.
Dazu muss ich aber sagen, dass Service und Qualität sicherlich einen sehr gerechtfertigten Preis haben, den ich aber nicht bereit wäre, selbst so regelmäßig zu zahlen. Der Anlass muss stimmen und ich denke es war dadurch ein ganz besonderer Geburtstag. Um ohne Mira und Flo so etwas zu buchen, bin ich vielleicht einfach (noch) nicht Gourmet genug. 🙂

Ich hoffe es hat euch gefallen, den Restaurantbesuch mal aus einer anderen Perspektive zu sehen, als aus meiner. Ich hatte jedenfalls einen richtig tollen Abend und es war total schön meine Leidenschaft mit meiner Schwester zu teilen und ihr mal zu zeigen, warum ich so gerne (auf diesem Niveau) essen gehe.