Eines sonnigen Tages auf unserem Roadtrip durch die USA kam Flo zu mir und zeigte mir ein Video eines sympathischen jungen Kochs. Dieser bereitete zusammen mit der extrem erstaunten Moderatorin einer Fernsehsendung eine Nachspeise zu. Unter großzügigem Einsatz von flüssigem Stickstoff hatten die „Cookies & Cream“ jede Ähnlichkeit mit Keksen oder Milch verloren. Garniert mit einem Gelee aus eingelegten Rosen, kam die Milch in Chipsform und die Kekse als gefriergetrocknete Bröckchen daher. Sah spannend aus.

Unsere bisherige Erfahrung mit Molekularküche beschränkte sich auf eine Dresdener Cocktailbar, in der wir Mojito in Zuckerwatteform bestellten. Und so beschlossen wir dem Nomad.PDX, welches kurz zuvor den Titel des „Most exciting Restaurant Opening“ vom Food & Wine Magazin verliehen bekommen hatte, eine Chance zu geben.

Erst vor gut einem Jahr hatte Chefkoch Ryan Fox das Restaurant in Oregons Hauptstadt eröffnet. Zuvor hat er bei Joel Robuchon gelernt, dem Koch mit den weltweit meisten Michelin-Sterne-Restaurants der Geschichte. Nach einer kürzeren Episode von Pop-Up-Dinnern folgte dann das eigene Restaurant für Fox. Im Nomad wollte er nun saisonale und lokale Zutaten, gekonnt und mit spektakulärer Zubereitungsweise in Szene setzen. Das alles in einem hippen, dennoch gemütlichen Ambiente, das fast jedem Gast einen uneingeschränkten Blick in die großzügige Küche gestattet.

Neben dem eigentlichen Restaurant liegt die Ash Bar. Dort werden ungezwungen und ohne Reservierung Getränke serviert, die in ihrer extravaganten Aufmachung den Gerichten in nichts nachstehen. Da im Nomad ausschließlich Tasting-Menüs serviert werden, geht hier ohne Reservierung gar nichts.

nomad pdx essen gehen in Portland
USA Reise Essen
Wir beginnen unseren Abend mit einem Sauvignon-Blanc aus dem Willamette Valley in Oregon. Die Weinbegleitung, die wir uns wie gewohnt teilen (wer auf der Welt kann 13 verschiedene Weine probieren und sich danach noch an das Essen erinnern?), liest sich spannend. Eine Menge regionaler Weine aus Oregon und Washington, ein paar Franzosen, ein Portwein und ein Wermuth aus Italien.

Bisher haben wir auf unserer Reise noch nicht viel Wein getrunken und so sind wir gespannt auf die regionalen Produkte. Flo, der seit unserer Portugal-Reise eine Vorliebe für guten Port hat, freut sich sogleich auf das Dessert.

Angetan hat es uns im Verlauf des Abends der reiche Hiyu Falcon Box aus dem Jahr 2016. Auch die anderen Weine harmonieren gut mit den Speisen und die gezielten und persönlichen Hinweise des Sommeliers machen auf jedes Getränk neugierig.
Geschmacklich wenig überzeugen kann uns ein Cocktail (nicht in der Getränkebegleitung enthalten). Dieser sieht zwar fulminant aus (Rauch im Glas und Tannenzweige), schmeckt aber absolut unspektakulär und ist seinen stolzen Preis nicht wert.

Portland Restaurant
Portland essen gehen
Jetzt aber zum Menü:

Es beginnt sogleich das fröhliche Molekularküchen-Spiel. Pimms Cup, eigentlich ein Cocktail, der im Nomad jedoch als kleines Gelee-Kästchen serviert wird. Ein guter Start.

Es folgen Garnelen, Steckrüben (die letzten der Saison), weißer Thunfisch (in einer kräftigen Brühe), pochiertes Ei und Lachs. Dann das erste wirkliche Highlight: Karotten. So zart, süß und geschmackvoll, dass sie nur frisch aus dem Garten sein können. Außerdem wunderschön angerichtet.

Danach Kartoffeln. Ein Chip in einem Blumenbett, das ich mir auch zu Dekorationszwecken auf die Fensterbank stellen würde.

USA Reise Restaurants
Nomad.pdx
Und dann: Sweetbread.

Spätere Recherche sagt uns, das war Kalbsbries, was wir da eben so genüsslich verschlungen haben. Ein Organ des lymphatischen Systems von Wirbeltieren und somit Teil des Immunsystems. Mal etwas neues und definitiv das Gericht, was am meisten im Gedächtnis bleibt. Die spezielle, sehr zarte Konsistenz und der intensive Geschmack zaubert ein Lächeln in unsere Gesichter.
Als letzte herzhafte Speiste folgt Short Rib.

Food und Restaurant Blog
Bei den Desserts kam der Stickstoff offenbar intensiv zum Einsatz. Erdbeeren mit Sahne – in Form von rosa Krümeln und weißen Krümeln. Kirsche. Koji. Ebenfalls in Krümelform. Hier war auch mit dem wunderschönen Geschirr nicht mehr viel an Ästhetik rauszuholen. Krümel sind eben Krümel.
Molekularküche Blog
Während das Menü im Mittelteil definitiv seinen Höhepunkt erreicht, enttäuschen uns die Dessert-Gänge. Vielleicht fehlt uns die Vorliebe für krümeliges halbgefrorenes. Aus dieser Zubereitungsweise folgen wenig abwechslungsreiche Konsistenzen, kombiniert mit wenig abwechslungsreichen Geschmäckern. Schade.

Wir lassen uns von den Stickstoff-Schwaden aber nicht die Sicht vernebeln. Die anderen Gänge waren sehr gut zubereitet, überraschend und von qualitativ hochwertigen Zutaten geprägt.

Wie an den Möhren zu sehen: manchmal muss das ganz große Brimborium gar nicht sein. Es genügt die perfekte Zubereitung einer perfekten Zutat.

Das Nomad.PDX liefert definitiv einen bemerkenswerten Abend – jedoch, und das ist bedauerlich, werden eher optische als geschmackliche Referenzen erzeugt. Es gibt nichts zu klagen, jedoch auch wenig zu feiern. Einen Besuch wird man nicht bereuen, er ist aber auch nicht unverzichtbar.

Nomad.pdx
575 NE 24th Ave
Portland, Oregon, USA
http://www.nomadpdx.com/

  • Gaumenwertung 8,0/10
  • Gesamterlebnis 8,0/10
„Fabelhaft, ein tolles und besonderes Menü!“

DETAILIERTE BEWERTUNG

Mira
Flo
Mira&Flo
Gaumen 8,0/10 Gaumen 8,0/10 Gaumen 8,0/10
Getränke 8,0/10 Getränke 8,0/10 Getränke 8,0/10
Atmosphäre 8,0/10 Atmosphäre 7,0/10 Atmosphäre 7,5/10
Service 8,0/10 Service 8,0/10 Service 8,0/10
Gesamterlebnis 8,0/10 Gesamterlebnis 7,9/10 Gesamterlebnis 8,0/10