Im Juni hat das Bob & Thoms, ein kleines casual fine dining Restaurant in Berlin Schöneberg eröffnet. Es wurde vor allem von Fans von Karl Wannemachers Alt Luxemburg sehnlichst erwartet.
Im Inneren des Bob & Thoms ist es schlicht, fast ein bisschen leer. So, wie eine Wohnung die schon fast komplett eingerichtet ist, bei der die letzten Einrichtungsschritte zum Wohlfühlen jedoch aufgeschoben werden, weil ständig Besuch da ist. Erst vor drei Monaten hat das Bob & Thoms am Viktoria-Luise-Platz in Berlin Schöneberg eröffnet und noch erinnert ein einsamer Tisch auf der Terrasse an die erste beendete Freiluft-Saison.
Das Menü im Bob & Thoms beginnt mit einer ganzen Reihe von Grüßen aus der Küche.
Auch an diesem Dienstagabend ist das Restaurant gut besucht: alle 12 Plätze sind belegt. Nur selten werden noch ein paar wenige Plätze mehr vergeben. Anders geht es auch nicht, denn das Lokal wird nur von zwei Männern bewirtschaftet. Felix Thoms, der schon im Skykitchen in der Küche stand und Oliver Körber (Bob genannt), der 30 Jahre lang im Alt Luxemburg gearbeitet hat – dem Restaurant, in dem die beiden sich kennengelernt haben. Nach dem Aus des Traditionslokals haben die beiden gemeinsam einen Neuanfang gewagt.
Vegetarische, kontemporäre oder klassische 4-Gänge Menüs
Auf der Karte stehen drei Menüs mit jeweils vier Gängen: vegetarisch (45€), kontemporär (65€) und klassisch (75€). Diese können bei Bedarf zusammengewürfelt und neu kombiniert werden. Es kann auch à la carte bestellt werden – sich nur auf ein oder zwei Gerichte zu beschränken, wäre jedoch viel zu schade. Wer wiederkommt, kann alle paar Wochen ausgetauschte Gerichte erwarten, nur ein paar Klassiker bleiben konstant auf der Karte.
Allerlei vom Kürbis für Berliner
Kreative Küche von einem bescheidenen Koch
Wir starten den Genuss mit einem leckeren Crémant aus der Pfalz und kosten uns durch frisches Brot und zwei Grüße aus der Küche: Rote Bete Cracker mit Auberginencreme und phänomenale Wassermelone mit rotem Pfeffer. Was Felix Thoms damit gemacht hat? Wir fragen nach: „Ach, eigentlich nichts. Ich hatte Flüssigkeit übrig, in der vorher Zucchini eingelegt waren. Die war lecker und da habe ich mich gefragt: kommt die weg oder kann ich damit noch etwas anderes machen?“. So bescheiden und sympathisch wie er ist, glaubt man ihm fast, das Kochen so einfach ist, wie er es beschreibt.
Obwohl es das schwächste Gericht des Abends war, immer noch sehr gut: Rinderfilet mit Blumenkohl und Kartoffelpüree.
Was unseren Tisch im Laufe des Abends erreicht, zeigt großes Können: Ein Beef Tatar mit Skyr, eine Hummercremesuppe mit ganz leichten Röstaromen, Rinderfilet mit so simplen aber so guten Beilagen wie polnischem Blumenkohl mit Semmelbröseln.
Vegetarisch essen ohne Kompromisse
Noch mehr hat mich allerdings das vegetarische Menü begeistert.
Angefangen mit einer Vorspeise in der Kürbis die Hauptrolle spielt: als Mousse aus Butternutkürbis, als Creme aus Kürbiskernen und in der Kombination mit Sanddorn. So ausgewogen, so spannend.
Wieder was gelernt: Agnolotti sind gefüllte Teigtäschchen aus Piemont, die nur aus einem Streifen Pastateig gemacht sind
Aber Bioladenverweigerer dieser Welt, probiert diese Dinkelschnitte! Mit pikanter Habanero-Sauce und frittiertem Mangold, macht sie richtig was her. Danach Agnolotti (vergleichbar mit Ravioli), in einer cremigen Grana Padano-Sauce. Keines dieser Gerichte steht denen mit Fleisch nach.
Formvollendete Desserts als Krönung
Und was sich vermuten lässt, wenn nur ein Koch und kein Pâtissier in der Küche steht, ist, dass die Desserts nicht mithalten können. Aber das ist im Bob & Thoms alles andere als zutreffend. Der Pfirsich Melba, ein Gericht, dass ich nur aus dem Französischunterricht kenne, ist in seiner tiefroten Himbeersauce einfach traumhaft. Genauso wie das Dessert aus Quitte und Wachholder, das von einer Portion Hanf-Eis gekrönt wird. Auch hier stehen Süße und Säure in einer perfekten Balance und lassen vor allem das Gefühl zurück, dass man wirklich gerne weiter essen möchte.
Ein Traum in tiefem Himbeerrot: Pfirsich Melba
Wir plaudern noch ein bisschen mit Oliver Körber und Felix Thoms und erfreuen uns daran, wie sympathisch und geerdet beide sind. Von unserer Begleitung werden sie mit Fragen überhäuft. Etwas, das ich mich selten traue, mir aber unbedingt angewöhnen möchte.
Beim Beantworten wirken sie gleichzeitig souverän und ein bisschen unbedarft, auf jeden Fall stehen sie komplett hinter ihrem Restaurantkonzept und haben richtig Lust es groß zu machen. Vielleicht wartet auch irgendwann ein Stern? Qualitativ würde es mich nicht überraschen.
Bob & Thoms:
http://www.bobthoms.berlin/
Telefon: +49 (0)30 20 92 94 92
Welserstraße 10-12
10777 Berlin
Öffnungszeiten:
Di – Sa: ab 18 Uhr
- Gaumenwertung 9,0/10
- Gesamterlebnis 8,8/10
„Sensationell, wir wollen nicht aufhören zu essen!“
DETAILIERTE BEWERTUNG
Mira |
Flo |
Mira&Flo |
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Gaumen | 9,0/10 | Gaumen | 9,0/10 | Gaumen | 9,0/10 |
Getränke | 9,0/10 | Getränke | 8,0/10 | Getränke | 8,5/10 |
Atmosphäre | 8,0/10 | Atmosphäre | 7,5/10 | Atmosphäre | 7,8/10 |
Service | 9,0/10 | Service | 9,0/10 | Service | 9,0/10 |
Gesamterlebnis | 8,9/10 | Gesamterlebnis | 8,7/10 | Gesamterlebnis | 8,8/10 |