Von außen ist das Restaurant von Pavel Býček sehr unscheinbar. Es könnte sich auch um ein reines Bürogebäude handeln: kahle Wände, große Fenster und ein leuchtendes „E“ neben der Eingangstür. Dieser Minimalismus zieht sich auch in den Innenraum, in dem unverkleidete Wände und schlichte Möbel auf die Gäste warten. Hier wird der Fokus auf das Essen gelegt.
The Eatery – das Restaurant von Pavel Býček
Mehrere Jahre hat Koch Pavel Býček in verschiedenen Sternerestaurants gekocht, zuletzt im Alcron in Prag, bevor er sein eigenes Restaurant im Stadtteil Prag 7 eröffnet hat.
Was er dort bietet? Traditionelle tschechische Rezepte, modern interpretiert. Zubereitet in einer offenen Küche unter den wachsamen Blicken der Gäste. Verwendet werden regionale Zutaten von ausgewählten Lieferanten und, so steht es auf der Webseite, eine große Portion Liebe.
Eingelegter Karpfen mit Rettich und fermentierten Karotten
Speisen am Chef`s Table
Das Restaurant ist gut gefüllt, als wir es an einem kalten Herbstabend betreten. Am Chef`s Table ist bisher jedoch noch viel Platz. Rund um die offene Küche ist eine Theke angebracht, an der Wissbegierige wie wir, ihr Abendessen einnehmen können, nachdem sie beobachtet haben, wie es frisch zubereitet wurde.
Die Koche agieren ruhig und routiniert, servieren uns nebenbei freundlich unsere Gerichte und kehren dann an ihren Arbeitsplatz zurück. Es macht Spaß zuzusehen.
Im Mittelpunkt des Restaurants: die offene Küche
Traditionelle Rezepte, modern interpretiert
Die Karte ist klein und interessant. Viele der angebotenen Gerichte machen neugierig und versprechen einen Einblick in die traditionelle tschechische Küche. Langweilig wird das ganz bestimmt nicht, denn wer dort nur Fleisch und Knödel vermutet, der irrt sich. Von vegetarischen Optionen über Fisch und Fleisch werden ganz unterschiedliche Zutaten verwendet.
Wie in Prag üblich sind die Preise sehr günstig für den Standard, den das Restaurant bietet. Die Vorspeisen und Desserts liegen zwischen 120 – 240 CZK (4-10€), die Hauptspeisen bei 240-380 CZK (10-15€).
Die Weinkarte ist groß und international. Wir entscheiden uns nach einer sehr holprigen Weinberatung durch die merklich gestresste Kellnerin einfach aus Neugier für einen tschechischen Wein.
Die Vorspeisen
Zur Vorspeise entscheiden wir uns für einen eingelegten Karpfen mit Rettich und Mayo sowie für geschmorte Schnecken mit Prager Schinken auf einer Petersiliengrütze.
Während der Karpfen äußerlich an Mattjes erinnert, schmeckt er doch ganz anders. Zwar säuerlich und frisch, aber mit einer festeren Konsistenz. Leider wird der Geschmack beim fünften Stück Fisch einfach zu viel – eine kleinere Portion wäre besser gewesen. Highlight des Gerichts ist nicht der Fisch, sondern fermentierte Karotten und Rettich. Dennoch gibt es von mir Pluspunkte dafür, den traditionellen tschechischen Weihnachtskarpfen auf diese Weise zu präsentieren.
Auch bei der anderen Vorspeise ist der eigentlich Hauptprotagonist nicht das geschmackliche Highlight. Die Schnecken, die wir als Experiment bestellen, haben wenig Eigengeschmack und erinnern vom Gefühl an Muscheln. Dazu gibt es jedoch eine sehr leckere Grütze mit hohem Petersilienanteil und unglaublich erbsige Erbsensprossen. Sehr gut!
Eine interessante Erfahrung: Ochsenzunge in intensiver Meerrettichsoße
Die Hauptspeisen
Auch die Hauptspeisen sind eher eine Überraschung. Flo, der neugierig ist, bestellt die Ochsenzunge in Meerrettich. Das Stück Fleisch, das uns serviert wird, ist anders als wir es erwartet hatten. Einen Moment rätseln wir, ob uns das falsche Gericht gebracht wurde. Statt einem zusammenhängen Stück, ist es faserig, mit Fett durchzogen und doch zart. Mich erinnert es an typisches Suppenfleisch, Flo denkt an Tafelspitz, was wohl auch an der Merrettichsauce liegt.
Unknuspriger Schweinebauch mit dem leckersten Möhrenpüree der Geschichte
Die Nachspeisen
Ein Nachteil des direkten Blicks in die Küche ist, dass man sieht wie gut die Desserts aussehen. Daher kommen wir nicht drum herum unserem Abendessen zu einem süßen Finale zu verhelfen.
Zu gegrilltem Pfirsich mit Nüssen und Vanille-Sahne ist es ohnehin schwer, nein zu sagen. Ein bisschen zu unsüß kommt diese Kombination zu uns auf den Teller, überrascht jedoch mit einer angenehmen Lavendelnote unsere Gaumen.
Als zweites bestellen wir eine Panna Cotta aus Buttermilch, die mit einer kräftig in Brandy marinierten Pflaume und Birneneis serviert wird. Für mich fehlte diesem insgesamt guten Gericht ein größerer Fruchtanteil.
Nach dieser in Brandy eingelegten Pflaume braucht man keinen Digestif mehr
Fazit
Die Eatery ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Nicht nur, um einen angenehmen Abend bei gutem Essen zu verbringen, sondern auch um die tschechische Küche ein bisschen besser kennenzulernen. Hier wird tatsächlich mit viel Liebe an klassischen Rezepten gearbeitet und bisweilen ein besonderer Twist verliehen. Zusätzlich zur offensichtlichen Frische der Zutaten, hat mir vor allem das Erlebnis gefallen, direkt in die Küche zu schauen und die Köche bei ihren Arbeitsschritten zu beobachten.
Die Herzlichkeit mit der die Köche uns zwischendurch unsere Speisen servierten, kompensierte auch den ruppigen und gehetzten Getränkeservice, der nicht in das sonstige Bild des Restaurants passte.
Ob die Eatery eines Tages auch einen Stern bekommt? Es kann schon sein! Das Konzept ist stimmig und spannend, die Aufmachung des Restaurants besonders.
Schaut doch bei eurem nächsten Prag-Besuch vorbei und macht euch ein eigenes Bild.
The Eatery:
http://www.theeatery.cz/en/
U Uranie 18, 170 00 Praha 7-Holešovice
Öffnungszeiten:
Di – Fr: 11.30 – 15.30 Uhr
Di – Sa: 17.30 – 23 Uhr
- Gaumenwertung 7,5/10
- Gesamterlebnis 7,3/10
„Fabelhaft, ein tolles und besonderes Menü!“
DETAILIERTE BEWERTUNG
Mira |
Flo |
Mira&Flo |
|||
Gaumen | 7,0/10 | Gaumen | 8,0/10 | Gaumen | 7,5/10 |
Getränke | 7,0/10 | Getränke | 7,0/10 | Getränke | 7,0/10 |
Atmosphäre | 7,0/10 | Atmosphäre | 8,0/10 | Atmosphäre | 7,5/10 |
Service | 6,0/10 | Service | 7,0/10 | Service | 6,5/10 |
Gesamterlebnis | 6,9/10 | Gesamterlebnis | 7,7/10 | Gesamterlebnis | 7,3/10 |